Allgemeine theologische Bibliothek (4.1775a)

Meiers Betrachtungen. iz
ser Seite, sagt er, besteht sie in der Summe der Be-
griffe, die ein Mensch von Gott und göttlichen Din-
gen hat. Aber niemand kann bey irgend einem Men-
schen diese Summe wissen. Wenn einer auch z. E.
das Athanastanische Glaubcnsbekenntniß herbetete, so
kann ich doch nicht genau und bestimmt wissen, was
er für wirkliche Begriffe von Gott habe. So viel
ist unleugbar (man sieht nicht recht, wie das , was
der V. nun sagt, mit dem unmittelbar vorhergehen-
den zusammenhängt. Um also den Faden der De-
monstration nicht zu verlieren, so muß man ohnge-
fehr aus dem Vorhergehenden dieses hinzudenken:
„Da also nicht zwey Menschen in Absicht auf ihre
subjektive oder wirkliche Religion einander ganz gleich
sind, so ist unleugbar) daß kein Mensch lauter voll-
kommen richtige Begriffe von Gott habe, so wie es
auch gewiß ist, daß kein Mensch durchaus falsche
Begriffe von Gott habe. Ja es kann ein Mensch,
der eine im Ganzen falsche Religion bekennt, im
Einzelnen bessere Begriffe von Gott haben, als ein
anderer, der eine im Ganzen wahre Religion bes
kennt. Wenn ein Heyde z. E. eine falsche Gottheit
anbetet, aber dieser Gottheit sehr rühmliche uud an-
ständige Eigenschaften beyleget, hingegen ein Christ
seinen Gott als einen Tyrannen glaubt, der in ei-
nen eben so grimmigen Zorn gerathen könne, als ein
Mensch, so hat der Heyde im Einzelnen bessere Be-
griffe als der Christ. Oder wenn ein Türke die Ein-
heit Gottes glaubt, hingegen ein Christ sich (§. i z)
drey Personen der Gottheit als äußere und neben
einander wirkliche Substanzen verstellet, so hat der
Türke im Einzelnen bessere Begriffe als der Christ.
Daher kann man zwar in abüraäy sagen, daß die
christliche Religion die beste, die einzige wahre sey,
aber