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Die "Gründungsstadt" des frühen 13. Jahrhunderts

Jedoch soll hier die Deutung der Vorgänge um 1230-
40 zunächst abgeschlossen werden, um sich der
schon mehrfach berührten Frage zuzuwenden, welche
Entwicklung die Stadt Spandau bis zu diesem Zeit-
punkt, als sie durch so umfangreiche Maßnahmen ih-
re im Steigen begriffene Wirtschaftskraft eindrucksvoll
demonstrierte, bereits hinter sich hatte. Die Grabun-
gen im Altstadtbereich haben in den letzten Jahren an
vier Stellen eine Holz-Erde bzw. Palisadenbefestigung
mit vorgelagertem Graben erfaßt, die von den Aus-
gräbern, im einzelnen etwas schwankend, um 1220
bis ins mittlere 13. Jahrhundert datiert werden27', d.
h. erheblich vor die steinerne Stadtmauer, deren Er-
richtung nach Bauformen und Schriftüberlieferung
zweifellos ins 14. Jahrhundert fällt28'. Die vier er-
wähnten Einzelgrabungen ergeben für die ältere
Stadtbefestigung der 1. H. d. 13. Jhs. einerseits eine
Führung parallel zur Havel, etwa 20-30 m landein-
wärts gegenüber der Mauer des 14. Jhs., die von
Landgewinnungsmaßnahmen des 13./14. Jhs. auch
in dieser Richtung zeugt und insofern zur oben ange-
nommenen Entwicklung im Bereich des Behnitz gut
paßt29'. Verblüffender ist der zweite nachgewiesene
Mauerzug entlang der südlichen Begrenzung von
Mönch-, Ritter- und Kammerstr., der das ,,Ei" der

Altstadt quer durchtrennt, die nördliche Hälfte mit Ni-
colaikirche und Behnitz ausschließend301. Untersucht
man die Gründe für diese überraschende Ausschlie-
ßung zunächst noch nicht, so ergibt jedenfalls die
durch die Befestigung gegebene Begrenzung der Stadt
ebenso wie auch die Blockstruktur innerhalb dieser
Begrenzung ein keineswegs ungewöhnliches Bild. Es
handelt sich um eine „Gründungsstadt", wie sie für
das 13. Jh. in weiten Teilen Europas typisch ist31.
Charakteristisch für diesen Siedlungstyp ist die durch-
aus rationale, wenn auch selten schematisch engstir-
nige, klare Grundform meist des Rechtecks, die durch
eine entsprechend klare Parzellierung und Blockbil-
dung ergänzt wird. Die Formbildung ist hier Folge ei-
ner einheitlichen Planung durch Spezialisten, die im
allgemeinen auf den Willensakt eines Landesherren
zurückgeht und durch die Verleihung bestimmter, zu-
nehmend typisierter Rechte auch verfassungsrechtlich
unterstützt wird (,,Stadtrecht"32').In Spandau ist die
angestrebte Rechteckform sowohl an der Stadtmauer
erkennbar, als auch durch die Straßenzüge nochmals
betont (im Bereich zwischen nördlicher Stadtmauer,
Kinkelstr., Charlottenstr. und Fischerstr.). Die rundli-
chen Abweichungen der Gesamtform sind durch den
Havellauf im Südosten, bzw. durch die oben bereits

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