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velarm die gesamte Breite vom Behnitz-Ufer bis zur
Havelstraße einnahm (80-100 m), sondern vielmehr,
daß zwischen Havelstraße und Westufer noch ein
Landstreifen vorhanden war. Bei der Zufüllung des
Havelarmes im 13. Jahrhundert wären dann die vor-
handenen Grundstücke einfach in den Fluß hinein ver-
längert worden. In jedem Falle gibt es mindestens ei-
nen weiteren Hinweis auf ein vor das 13. Jahrhundert
zurückgehendes Alter der Havelstraße. Das Heidetor
des 14. Jahrhunderts liegt nämlich exakt im Zuge der
Havelstraße, während der nördliche Abschnitt der
Klosterstraße, diese Torstelle offenbar als gegeben
nehmend, ihr gradlinig zustrebt, dabei den oben
schon dargestellten Knick in Kauf nehmend.

Damit nähern wir uns bereits einer direkt mit der Fra-
ge der Kaufmannssiedlung verbundenen Problematik,
die einerseits das Ende dieser Siedlung und ihre Bezie-
hung zu der knapp daneben entstehenden Grün-
dungsstadt betrifft, andererseits die nicht allzulange
danach erfolgende Einbeziehung des Geländes durch
eine Stadterweiterung. Daß die Kaufmannssiedlung
im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts tatsächlich auf-

gegeben wurde, macht die nördliche Befestigung der
Gründungsstadt hinreichend deutlich, die deren Ge-
lände zu ihrem unmittelbaren Vorfeld macht und so-
gar ältere Häuser direkt überschneidet671. Daß diese,
von A. v. Müller schon ins 13. Jahrhundert datierten
Häuser durch Brand vernichtet worden sind, könnte
auf ein ungeplantes Ereignis als unmittelbaren Auslö-
ser hindeuten, d.h. eine kriegerische Zerstörung der
Siedlung oder eine Brandkatastrophe. Jedoch machen
viele der von Blaschke angeführten Beispiele deutlich,
daß das Anlegen der 'Rechtsstadt' bzw. Gründungs-
stadt neben der älteren Kaufmannssiedlung und de-
ren Aufgabe durchaus häufig war681. Hierfür mögen
praktische Gründe wichtig gewesen sein, etwa die
Weiterbenutzung älterer Häuser bis zur Fertigstellung
der neuen an anderer Stelle69', aber auch solche von
repräsentativem bzw. 'Status'-Charakter, denn nur
die Planung auf freiem Felde erlaubte es, der Stadt je-
ne klar durchorganisierte Form zu geben, die Aus-
druck nicht nur ihrer entwickelten Funktionsstruktur
ist, sondern auch des Stolzes ihrer Bewohner auf den
erreichten Zustand.

Die Stadterweiterung im mittleren 13. Jahrhundert

Bisher nicht befriedigend geklärt ist das Schicksal der
Nikolai-Kirche bei Aufgabe der Kaufmannssiedlung.
Bei ihrer urkundlichen Ersterwähnung von 1240701 ist
sie im Besitz des Nonnenklosters, das die Markgrafen
im Jahr zuvor7" gestiftet hatten, wird aber den Bür-
gern unter der Bedingung der Wiederherstellung über-
geben. Eine brauchbare Erklärung ist wiederum aus

Vergleichsfällen bei Blaschke ableitbar721. Die mit dem
Ende der Kaufmannssiedlung funktionslos gewordene
Kirche ist nämlich gelegentlich zur Klosterkirche um-
funktioniert worden. Dies dürfte auch in Spandau be-
absichtigt worden sein, denn nur ein Jahr nach der
Stiftung konnte es noch kaum zu einer baulichen Ver-
wirklichung der Stiftung gekommen sein, so daß ein

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