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Vorwort

Das Objekt dieser Untersuchung ist der "Lynarplan", ein großer federgezeichneter Grundriß-
plan der Zitadelle Spandau, der keine direkten Hinweise auf seinen Zeichner und die Zeit sei-
ner Entstehung trägt. Da sein Aussehen durchaus mit anderen im 16. Jahrhundert entstande-
nen Festungsentwürfen Ähnlichkeit hat und auch bekannt ist, daß die Zitadelle von 1578-83
von dem italienischen Festungsbauspezialisten Rochus Guerini Graf zu Lynar vollendet wurde,
ist es üblich geworden, ihn als "Lynarplan" zu bezeichnen; - bewiesen ist diese Verfasser-
schaft bisher nicht, ebensowenig wie auch das genaue Jahr der Entstehung bekannt ist.

Der Plan befindet sich heute unter der Bezeichnung "Spandow Fischerung" in der Kartenab-
teilung der "Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz" in Berlin (Signatur: Kart. X 33851).
Während der kriegsbedingten Auslagerung der Bestände der Staatsbibliothek befand er sich
in Marburg, war aber dort lange Zeit nicht auffindbar. Eine Neuzeichnung aus 12 Papier-Teil-
negativen von A. Ludewig wurde in dieser Zeit von K. Vogel in jahrelanger Arbeit angefer-
tigt (Historische Plansammlung des Vermessungsamtes Spandau, Nr. 163). Erst nach dem Ein-
zug der Staatsbibliothek in ihr neues Haus wurde der Originalplan dort 1979 "wiederentdeckt"
bzw. konnte aufgrund einer Veröffentlichung von A. Ludewig, die seine Signatur angab, iden-
tifiziert und der Untersuchung wieder zugänglich gemacht werden.

Diese überraschende Wiederentdeckung ist nicht der einzige Grund, den Plan in einer - aus
praktischen Gründen etwas verkleinerten - Reproduktion zu veröffentlichen und seine Aussa-
gen und historischen Hintergründe eingehend zu untersuchen.

Die Zitadelle Spandau ist eine der frühesten Festungen im voll entwickelten "bastionären Sys-
tem" auf deutschem Boden. Sie war für ihre Zeit ein sehr fortschrittliches Bauwerk und be-
sitzt eine entsprechende historische Aussagekraft, die durch ihren ungewöhnlich guten Er-
haltungszustand noch gesteigert wird. Der Plan selbst als frühester erhaltener Entwurf zu
diesem Bauwerk wäre auch unabhängig davon ein seltenes und wertvolles Dokument - durch
die Vergleichmöglichkeit mit dem nur teilbereichlich veränderten Bau wie auch mit anderen,
jüngeren Plänen werden Einblicke in den Entstehungsprozeß der Zitadelle möglich, die zwar
nicht einzigartig, aber doch äußerst selten sind. Die wissenschaftliche Bedeutung dieser Er-
kenntnismöglichkeiten wird noch dadurch erhöht, daß der Festungsbau ein bisher wenig er-
forschtes Gebiet ist, insbesondere in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg.

Die bereits seit mehreren Jahren laufende Restaurierung der Zitadelle, die noch längst nicht
zum Abschluß gekommen ist, gibt dieser Untersuchung die zweite, entscheidende Berechtigung.
Im Verlauf dieser Arbeiten, die einerseits die Adaptierung des Baues für neue Nutzungen an-
streben, andererseits selbstverständlich auch seine frühere Gestalt wiederherstellen sollen, ist
immer wieder an zahlreichen Stellen erkennbar geworden, wie unverzichtbar eine systematische
wissenschaftliche Untersuchung ist, um die historische Gestalt zuverlässig festzustellen und
dem Zwang zu einer ohnehin vielfach nötigen "freien" Rekonstruktion möglichst weitgehend zu
entkommen. Die vorliegende Untersuchung soll hierzu einen Beitrag leisten. Sie hat aus den
genannten Gründen einen Umfang gewonnen, der bisher in der Reihe "Historische Grundrisse,
Pläne und Ansichten von Spandau" keineswegs üblich war. Die besondere Bedeutung des The-
mas, das aufgrund fehlender Vorarbeiten nicht kürzer abgehandelt werden konnte, hat uns
die Entscheidung leicht gemacht, von unserer Gewohnheit abzuweichen.

Für die Reproduktion wurde der "Lynarplan" ausnahmsweise nach Norden orientiert, um da-
durch die Lesbarkeit und Vergleichbarkeit zu erleichtern; das Original ist nach Osten orien-
tiert .

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