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Chronik für vervielfältigende Kunst — 3.1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.3813#0005
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Briefe und Handschristen für die Graphischen Künde und die Chronik für vervielfältigende Kunst sind an den Schriftleiter
Dr. Richard Graul, Wien, VI., Luftbadgasse 17, zu richten.

INHALT: Neue Radirungen. - Valentin: Dürersliche I. - Melani Dermoderne Holzschnitt in Italien. I. - Personal-
und Atelier-Nachrichten: Ernst Moritz Geyger. — Johann Eissenhardt. — Cestorhcn. — Bibliographisches Institut. — Anzeigen.

NEUE RADI RUN GEN.


nter den Werken graphischer Kunlt, welche in
letzter Zeit aus den Händen deutscher Künltler
hervorgegangen sind, befinden (ich ein paar
ungewöhnlich grosse Radirungen von William Unger,
deren Ericheinen wir als ein Ereignis von besonderer
Bedeutung freudig begrüssen. Nicht in den aussergewöhn-
lichen Dimensionen der neuen Unger'schen Blätter liegt
das Bedeutsame des Ereignisfes, haben wir doch nach
den lockenden Erfolgen der grossen Werke englischer
und französischer Radirer eine .Menge zum Wandschmuck
geeignete Riesenradirungen deutscher Künstler zu Tage
kommen sehen. Und so viel Unkünstlerisches und Miß-
glücktes auch die durch den materiellen Erfolg der
fremden Vorbilder mächtig gesteigerte Gewinnlust in
flüchtig radirten, bloss decorativ wirkenden Landschaften
und Architekturltücken hervorgebracht hat, so fehlt es
uns doch nicht an einigen wenigen ansprechenden,
selbst guten Leistungen grossen Formates. Freilich unter
den deutschen mit dem Anspruch auf Originalität auf-
tretenden Malerradirungen landschaftlichen Gegen-
standes und wandgerechter Ausdehnung würde es trotz
der tüchtigen Bemühungen einiger talentvoller jüngerer
Künltler schwer halten, etwas den gerühmten fremden
Werken Ebenbürtiges aussindig zu machen. Ansprechen-
dere Leistungen sind im Allgemeinen einige grosse Radi-
rungen nach Werken älterer oder moderner Maler, und
zwar empfiehlt sie nicht nur der im Vergleich zu den Ott
entsetzlich geistlosen Originalradirungen wirklich fesselnde
Gegenstand, die besser abgewogene Composition und eine

feiner durchgeführte Stimmung, sondern auch die grössere
Sorgfalt der technischen Arbeit, weiche, da es gilt, eine
vorgesehriebene Wirkung mit anderen Mitteln wiederzu-
geben, lieh bei Weitem nicht jene „Freiheiten" geltatten
darf, die in den anspruchsvollen Malerradirungen recht
oft alles „Künstlerische" abgeltreift haben. So liegt uns
eine recht tüchtige Leiltung dieser Art vor in einer grossen
Radirung von Doris Raab nach einer Landschaft mit dem
Blicke auf Saardam von Heffner, Die Künstlerin hat
damit zum eilten Male das Gebiet der Landschaftsradirung
im Grossen betreten, und besonders in der Wiedergabe
der athmosphärischen Erscheinungen und der duttigen
Ferne eine gute Wirkung durch ihre ebenso geschickte
wie geistvolle Führung der Nadel erzielt.
William Unger's neue Blätter zeigen die Kunst
ihres Urhebers von einer neuen Seite. Als Radirungen in
grossen Dimensionen erscheinen allerdings die beiden von
dem kunltsinnigen Verleger H. O. Miethke in Wien aus-
gegebenen Blätter nicht als Erstlinge im Werke Unger's.
Figurenreiche Bilder von Rubens oder Makart, welche
von selbst eine das gewöhnliche Radirungsmass über-
schreitende Wiedergabe fordern, hat Unger schon früher
in grösserem Massstabe ausgeführt. Zum erlten Male aber
tritt uns Unger mit seinen neuen Blättern als Rivale von
Waltner und Koepping entgegen auf einem neuen Gebiete,
auf dem der grossen als Wandschmuck gedachten Radirung
nach Einzelbildnisfen alter Meilter. Mit den Dimensionen
wachsen die Schwierigkeiten; die Mittel, mit denen der
Radirer auf dem kleinen Blatte die intimen malerischen
 
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