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Die Ti

„Ich bin doch wenigstens satt geworden und habe ihnen meine
Meinung gesagt", tröstete sich Hassan; „Genugthuung für die Schmach
werde ich mir schon beim Kadi holen." Lachend über sein Miß-
geschick begab er sich darauf in den grünen Wald, glücklich, als sei
dies Weltall nur da, um von ihm besungen zu werden.

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Am nächsten Tage erhielt Omar Ben Hischam ein Schreiben,
welches ihn vor den Richterstuhl des Kadi rief. Seine Freunde
waren als Zeugen geladen, und trotzdem wohl Mancher unter ihnen
noch die Folgen des Gelages in den Gliedern trug, wagten sie
dennoch nicht auszubleiben, um nicht in die Strafe des Ungehor-
sams zu verfallen. Denn Allen war bekannt, daß der Kadi nicht
mit sich spaßen ließ. So kam es, daß sich die ganze Gesellschaft
des gestrigen Tages vor dem Kadi zusammenfand — freilich nicht
so ausgelassen vergnügt, ivie beim Zakynthier.

Hassan, der Dichter, aufgefordert, seine Klage vorznbringen
verbeugte sich tief vor dem Kadi. Dann erzählte er, was sich gestern
zugetragen hatte, und, seinen Rücken entblößend, welcher noch die
Spuren seines unfreiwilligen Scheidens aufwies, bat er den Richter,
den Gastgeber Omar für den Bruch der heiligen Gastfreundschaft
zu strafen, ihm aber, dem Mißhandelten, für die entgangenen
Genüsse des Festmahles eine Buße zuzusprechen.

Omar, ersucht, sich zu rechtfertigen, erklärte, er sei durch die
freche Rede Hassan's so gereizt worden, daß er die Ehre seines

schrede. s 15

Hauses nicht anders habe wahren können, als burd) die zwangs-
weise Entfernung des Dichters. „Du weißt, 0 Kadi", so schloß er
seine Vertheidigung, „daß ich ein angesehener und reicher Mann
bin, der nichts thut, was Unrecht istl"

„Schweig", fiel ihm der Kadi in die Rede, „das zu entscheiden,
ist meine Sache, nicht die Deine. Wer im Zorne handelt, ist schon
dieserhalb zu strafen, denn der Zorn läßt der Vernunft nicht Raum.
Weil Hassan Dir arm und wehrlos schien, hast Du geglaubt, ihm
die Pflicht der Gastfreundschaft nicht wahren zu müssen. Fort niit
Dir, zur Bastonade, daß man Dir mit fünfundzwanzig Hieben auf
die Sohlen schreibe: der Gastfreund ist geheiligt!"

„Du aber" — hier wandte sich der Kadi an Hassan, welcher sich
soeben in Dankesworten ergehen wollte — „hast eine Buße für etwas
verlangt, was nach Deinen eigenen Worten Dir ohne die Gegen-
wart der Frauen gering erschien. Bedenke, ob das recht war!
Di: hast ferner Deinen Gastgeber durch die unziemliche Rede ge-
kränkt und zum Zorne gereizt. Doch sei Dir dieses verziehen,
weil Du ein Dichter und darum ein Schwärmer bist."

Tief neigte sich Hassan vor dem Richterund wollte sich eiligst
entfernen. Ihm graute vor dem Scharfblick des Kadi.

„Bleib'!", fuhr der Richter fort. „Du hast mich nicht zu Ende
gehört. Alles, was ich soeben Dir vorhielt, kann Dir verziehen
werden. Dennoch soll man auch Dir fünfundzwanzig auf die
Sohlen geben!"

„O Kadi, wofür? Was habe ich verbrochen?" jammerte Hassan.

„Was Du gethan hast, Unseliger?" donnerte ihn der Richter an.
„Du erhältst Deine Bastonade, weil Du es gewagt hast, in einer
harmlos vergnügten Gesellschaft — eine Tischrede zu halten."

Seit dieser Zeit werden in Kahira keine Tischreden gehalten.

„Mndank ist der Welt Lohn" ist der
Leibspruch derer, die nicht wohlthun wollen.

_ ®. q.

Hes Menschen Wille ist sein Himmel-
reich, seine Unentschlossenheit seine Hölle.

_ ®. w.

Hur das Ächte ist wahr und das Wahre
acht. ß. ß.

- - ° Splitter, -!°°°‘

Esit Leuten, die heruntergekommen und
solchen die emporgekommen sind, lasse dich
nicht ein: Jene sind empfindlich, diese rück-
sichtslos. 5.

J^uf Wenige h ö reu,

Auf Viele seh'n,

Auf Keinen schwören:

Schafft Wohlergeh'n. G. w.

Scheinleben ist häufiger, als Scheintod.

__ ffi. W.

Her Verstand kann Kosmopolit sein,
aber nie das Herz; ein weites Herz haben
heißt gar keines haben. Sirius.

Hm Schlechten übertrifft meistens der
Schüler den Meister. G. w.

12 *
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Titel/Objekt
"Die Tischrede"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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G 5442-2 Folio RES

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München

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Thema/Bildinhalt (GND)
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Satirische Zeitschrift

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Fliegende Blätter, 109.1898, Nr. 2773, S. 115

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