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Der schwarze Schnurrbart.
und spitzte hinter dem Vorhang hinaus. Ls war indessen niemand
mehr im Garten. Nur die Amseln sangen, und die Blütenzweige
klopften leise im sanften Morgenwind an die Scheiben. Da trat
sie auf den Altan, von dem ein paar Stufen in den Garten
hinunterführten.
Dort sah sie plötzlich Eginhard, den Pagen, der an einem
Apfelbaum lehnte und, ganz in Träume versunken, mit dem Stift
auf ein Blättchen kritzelte.
Wie er sie wahrnahm, erschrak er und verbarg das Ge-
schriebene.
„ksast Du auch gesehen," frug die Prinzessin neugierig, „wie
der Koch die Zofe küßte?"
„Nein!" murmelte er. „Ich sah nichts! Ich stahl mich eben
erst aus der Pagenschule. ."
„Schade!" seufzte die Prinzessin. — „Gb's wohl wahr ist?"
fuhr sie sinnend fort und brach eine Blüte vom Baum. „Gb's
wohl wahr ist, daß die Zofe nun einen schwarzen Schnurrbart
bekommt, wie die Gberhofmeisterin sagt?!"
„Gl" antwortete er. „Ich weiß es nicht! Aber ich glaub's
nicht I"
„Warum glaubst Du's nicht?" frug sie gespannt.
„Es kann nicht sein!" sagte er schnell. „Da müßten ja alle
Zofen..."
Dann wurde er rot und schwieg.
„Du hast recht!" meinte sie nachdenklich. „Es kann nicht
sein... Aber wenn ich es nur gewiß wüßte! Ganz gewiß!
Die Gberhofmeisterin sagt ja, ich müsse wissen, was wohl und
wehe tut..."
„Weh tut's sicher nicht!" rief er beteuernd.
„Meinst Du?" frug sie besorgt.
Ihre Locken waren ganz nah, Ihre Blicke flogen ineinander.
Sie spürten den Atem ihrer roten Lippen und plötzlich streiften
sich diese einen Augenblick.
„Weh tut's nicht!" sagte sie überzeugt... „Gb ich aber
nicht jetzt. . .?"
„Nein!" rief er. „Nein! Ihr habt keinen schwarzen Schnurr-
bart ! . . .
Kirschrot ist Euer Mund wie junge Blüh',
Wenn Nachtigall im Busche flötet früh' . . ."
Er hatte sein Gedicht verraten und wurde vor Schuld-
bewußtsein stumm.
„Ich spüre auch nichts!" sagte sie und fuhr mit dein Finger
darüber.
Er faßte ein kserz. „Wenn Ihr aber meint" — stotterte
er — „wenn Ihr's ganz sicher wissen wollt, könnten wir's ja
noch einmal versuchen!"
„Ja!" entgegnete sie eifrig. „Der Gewißheit wegen!"
Und sie versuchten es noch eininal. . und noch einmal. . und
noch einmal...
„Nun?" frug sie.
„Es ist nicht wahr!" sagte er entrüstet. „Sie hat gelogen!
Jetzt ist es ganz sicher!"
Da rief der Pagenmeister — und er floh.
Die Prinzessin aber beugte sich über den klaren Brunnen-
sxiegel und strich die wirren Löckchen von den heißen Wangen.
Der schwarze Schnurrbart.
und spitzte hinter dem Vorhang hinaus. Ls war indessen niemand
mehr im Garten. Nur die Amseln sangen, und die Blütenzweige
klopften leise im sanften Morgenwind an die Scheiben. Da trat
sie auf den Altan, von dem ein paar Stufen in den Garten
hinunterführten.
Dort sah sie plötzlich Eginhard, den Pagen, der an einem
Apfelbaum lehnte und, ganz in Träume versunken, mit dem Stift
auf ein Blättchen kritzelte.
Wie er sie wahrnahm, erschrak er und verbarg das Ge-
schriebene.
„ksast Du auch gesehen," frug die Prinzessin neugierig, „wie
der Koch die Zofe küßte?"
„Nein!" murmelte er. „Ich sah nichts! Ich stahl mich eben
erst aus der Pagenschule. ."
„Schade!" seufzte die Prinzessin. — „Gb's wohl wahr ist?"
fuhr sie sinnend fort und brach eine Blüte vom Baum. „Gb's
wohl wahr ist, daß die Zofe nun einen schwarzen Schnurrbart
bekommt, wie die Gberhofmeisterin sagt?!"
„Gl" antwortete er. „Ich weiß es nicht! Aber ich glaub's
nicht I"
„Warum glaubst Du's nicht?" frug sie gespannt.
„Es kann nicht sein!" sagte er schnell. „Da müßten ja alle
Zofen..."
Dann wurde er rot und schwieg.
„Du hast recht!" meinte sie nachdenklich. „Es kann nicht
sein... Aber wenn ich es nur gewiß wüßte! Ganz gewiß!
Die Gberhofmeisterin sagt ja, ich müsse wissen, was wohl und
wehe tut..."
„Weh tut's sicher nicht!" rief er beteuernd.
„Meinst Du?" frug sie besorgt.
Ihre Locken waren ganz nah, Ihre Blicke flogen ineinander.
Sie spürten den Atem ihrer roten Lippen und plötzlich streiften
sich diese einen Augenblick.
„Weh tut's nicht!" sagte sie überzeugt... „Gb ich aber
nicht jetzt. . .?"
„Nein!" rief er. „Nein! Ihr habt keinen schwarzen Schnurr-
bart ! . . .
Kirschrot ist Euer Mund wie junge Blüh',
Wenn Nachtigall im Busche flötet früh' . . ."
Er hatte sein Gedicht verraten und wurde vor Schuld-
bewußtsein stumm.
„Ich spüre auch nichts!" sagte sie und fuhr mit dein Finger
darüber.
Er faßte ein kserz. „Wenn Ihr aber meint" — stotterte
er — „wenn Ihr's ganz sicher wissen wollt, könnten wir's ja
noch einmal versuchen!"
„Ja!" entgegnete sie eifrig. „Der Gewißheit wegen!"
Und sie versuchten es noch eininal. . und noch einmal. . und
noch einmal...
„Nun?" frug sie.
„Es ist nicht wahr!" sagte er entrüstet. „Sie hat gelogen!
Jetzt ist es ganz sicher!"
Da rief der Pagenmeister — und er floh.
Die Prinzessin aber beugte sich über den klaren Brunnen-
sxiegel und strich die wirren Löckchen von den heißen Wangen.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der schwarze Schnurrbart"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3375, S. 168
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg