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„Jean, es ist möglich, daß später ein Herr nach mir fragt. Sagen Sie ihm, ich sei verreist!" — „Soll
ich nicht lieber gleich sagen: .Durchgebrannt' — sonst kommt der Kerl später doch wieder!"

o-o Der Ix ran ich. o-o


'in Schloßparke, der mitten im Städtchen seine Wipfel
breitete, wurde ein zahmer Kranich gehalten, llian
hatte ihm die Flügel verschnitten; deshalb war er zahm.

Er sah sehr lächerlich aus, wenn er gedankenversunken unter
den alten Platanen stand und, den nackten Kopf schräg zur Seite
neigend, mißtrauisch herüberblickte, wenn unser jugendfröhliches
Lachen allzu hell aus dem kfolunderbuschwerk hervorschlug.

Gelassen stelzte er mit den langen Beinen durch's Gras,
jederzeit voller Würde und ruhiger Grandezza. Nur, wenn die
Spätherbstsonne warm und goldig zwischen den breiten Blättern
hindurchschien und der klare Vktoberhimmel tiefblau sich in's Uner-
meßliche dehnte, schüttelte er manchmal jäh, wie von einem schreck-
haften Gedanken verstört, die verstümmelten Flügel. Und dann
ertönte aus seiner Kehle ein Schrei, ein seltsam dröhnender Schrei;
man wußte nicht recht, was er bedeuten wollte.

Es ging auch manchmal ein alter Mann im Garten spazieren.
Nachdenklich schritt er auf den Kieswegen dahin, und wenn er
bei dem Vogel vorüberkam, nickte er ihm zu.

Ich hörte, daß er ein krankes Weib habe und Sorgen um's
Brot, daß er daheim fitze und Noten abschreibe, und nur dann
und wann einmal auf ein paar Augenblicke herauskäme, um Luft
zu schöpfen. Sein paar war schon weiß, und er trug es lang
wie ein Künstler. Ulan erzählte, von Paus aus sei er eigentlich

ein großes Talent, aber das Leben habe ihm die Flügel ver-
schnitten.

Mir träumte manchmal von ihm. Und es war merkwürdig,
ich hörte ihn dann denselben Schrei tun, den der Kranich tat,
denselben Schrei, von dem man nicht wußte, was er bedeuten
wollte. Und wunderlich weh klang dann dieser Schrei.

Lines Tages war der Alte zu Geld gekommen. Ich weiß
nicht, hatte er in der Lotterie gewonnen oder geerbt - kurz, er
hatte Geld und war seiner Sorgen ledig.

von nun an kam er täglich in den Park. Aber, mochte ihm
nun der unverhoffte Segen zu Kopfe gestiegen sein oder die frische
Luft ihn berauschen, von (Lag zu Tag wurde er immer seltsamer.

Erhobenen Pauptes sah man ihn schreiten, seine Augen
glommen, und die langen Enden des farbigen palstuches flatterten
jugendlich in den Lüften. Mitunter auch sprach er aufgeregt vor
sich hin wie ein Mime, der seine Nolle lernt. Und schließlich kam
cs heraus, daß er auf seine alten Tage den Traum seiner Jugend
noch verwirklichen und unter die Schauspieler gehen wollte.

Wir hatten damals eine Theatertruppe im Städtchen, und
das fahrende Volk gewährte dem närrischen Alten und seinen
Erbtalern die freundlichste Aufnahme.

Und wirklich, eines Morgens prangte sein Name auf dem
Zettel. — Noch am Nachmittage sah ich ihn im Parke; mit großen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Gemütlich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Flashar, Max
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3382, S. 252

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