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üZ Die »rärrischen Hasen. £e
irt herrliches Wetter begünstigte den Jagdtag, zu dem Baron
Fuchsburg eine große Zahl Gäste eingeladen hatte. — Der
dritte Bogen war vorüber, und die Herren fanden sich bei
der Strecke ein, die der Jagdherr kopfschüttelnd musterte.
„Dreißig Schützen und bloß zehn kfasen, zwei bfühner und ein
Fasan — ein recht dürftiges Resultat I" Die Jagdgäste sahen
sich etwas betroffen an und tauschten gegenseitig halblaute Be-
nierkungen aus; einer derselben jedoch, der Rentner Goldberg,
nahm das Wort und sagte, sichtbar erregt: „Zehn tfasen? Nicht
möglich; ich habe allein mindestens acht geschossen — und dann
der Fuchs? Wo ist denn der Fuchs? Was?" — „Im Bau!"
ließ sich eine Stimme von rückwärts vernehmen, was ein allge-
meines Gelächter hervorrief. — „Da ist nichts zu lachen," ent-
gegnete Goldberg, „ich habe ihm eins auf den pelz gebrannt, daß
ihrer zwei daran genug gehabt hätten, und dann die kfajen —
fjerr Baron, da muß ich die Treiber dafür verantwortlich machen,
diese faulen Luderschi" — „Sie können recht haben", erwiderte
der Baron, „ich werde mit den kfunden nachsuchen lassen — da
wird sich die abgängige Jagdbeute schon finden — aber jetzt,
meine Herren, zum — Rnödlbogen 1" Lachend und plaudernd
folgte die Gesellschaft der Einladung; nur der Jagdherr blieb bei
seinem Jäger zurück. Als alle außer Hörweite waren, nahm er
denselben beiseite und sagte ihm: „Ander!, jetzt machen S’ Ihre
Sache gut. Haben Sie die Patronen für Herrn Goldberg nach
Vorschrift gefertigt?" — „Zu Befehl, Herr Baron", lautete die
kurze Antwort. — „Also machen Sie die Sache schlau l Bringen
Sie dein unverbesserlichen Renommisten eine Flasche Lafitte und
ein Huhn — den Röder nimmt er sofort an, dann ist er blind wie
ein Hahn in der Balz; vertauschen Sie seinen Munitionsvorrat
und wechseln Sie auch die Patronen in seinein Zwilling aus!"
„Wird g'machtl" sagte der Jäger listig und lustig blinzelnd, und
eilig folgten die beiden der Truppe nach.
Beim Rnödlbogen ging's lebhaft her; man aß und trank mit
Behagen; in übermütiger Laune rief iiian Herrn Goldberg zahl-
reiche „Weidinanns Heil!" zu. Er ließ sich jedoch nicht in seiner
derzeitigen Jagdtätigkeit beirren — trank den letzten Tropfen
und verwandelte sein Hühnchen in ein tadelloses Skelett.
Nun wurde wieder aufgebrochen. — Als sich die Schützen aber-
nials bei der Strecke einfanden, war sie ziemlich reich bestellt.
Goldberg stand, wie immer, im Vordergrund. „Nun," fragte der
Jagdherr, „wie ist's dieses Mal gegangen, Herr Goldberg —
wieder ein Fuchs durch die Lappen geschnürt?" — „Nein," ent«
gegnete Goldberg, „habe diesmal einen schlechten Anlauf gehabt —
ich denke, daß ich nur fünf Hasen zur Strecke gebracht Habel"
Erwartungsvoll sahen alle auf den Baron, der sich Mühe gab,
ernst zu bleiben. „Erlauben Sie, Herr Goldberg," sagte er,
„welche Schrotnummer schießen Sie?" — „Was sonst als Dreier I?"
gab dieser zur Antwort. — „Nicht möglich — Sie irren sich,"
behauptete der Baron; „darf ich einmal eine Ihrer Patronen
sehen?" — „Mit Vergnügen", cntgegncte Goldberg und behändigte
dem Fragesteller das verlangte. Der Jagdherr Nahm die Patrone,
öffnete sie und — welche Überraschung 1 An Stelle der Schrot-
körner kam — frischer, würziger Schnupftabak zum Vorschein
„Saarbrücker Nummer zwei," erklärte der Baron — „eine Prise ge-
fällig?" Allgemeines Gelächter. „Wir haben uns einen kleinen
Jagdscherz erlaubt, Herr Goldberg; wir wollten sehen, ob ein so
üZ Die »rärrischen Hasen. £e
irt herrliches Wetter begünstigte den Jagdtag, zu dem Baron
Fuchsburg eine große Zahl Gäste eingeladen hatte. — Der
dritte Bogen war vorüber, und die Herren fanden sich bei
der Strecke ein, die der Jagdherr kopfschüttelnd musterte.
„Dreißig Schützen und bloß zehn kfasen, zwei bfühner und ein
Fasan — ein recht dürftiges Resultat I" Die Jagdgäste sahen
sich etwas betroffen an und tauschten gegenseitig halblaute Be-
nierkungen aus; einer derselben jedoch, der Rentner Goldberg,
nahm das Wort und sagte, sichtbar erregt: „Zehn tfasen? Nicht
möglich; ich habe allein mindestens acht geschossen — und dann
der Fuchs? Wo ist denn der Fuchs? Was?" — „Im Bau!"
ließ sich eine Stimme von rückwärts vernehmen, was ein allge-
meines Gelächter hervorrief. — „Da ist nichts zu lachen," ent-
gegnete Goldberg, „ich habe ihm eins auf den pelz gebrannt, daß
ihrer zwei daran genug gehabt hätten, und dann die kfajen —
fjerr Baron, da muß ich die Treiber dafür verantwortlich machen,
diese faulen Luderschi" — „Sie können recht haben", erwiderte
der Baron, „ich werde mit den kfunden nachsuchen lassen — da
wird sich die abgängige Jagdbeute schon finden — aber jetzt,
meine Herren, zum — Rnödlbogen 1" Lachend und plaudernd
folgte die Gesellschaft der Einladung; nur der Jagdherr blieb bei
seinem Jäger zurück. Als alle außer Hörweite waren, nahm er
denselben beiseite und sagte ihm: „Ander!, jetzt machen S’ Ihre
Sache gut. Haben Sie die Patronen für Herrn Goldberg nach
Vorschrift gefertigt?" — „Zu Befehl, Herr Baron", lautete die
kurze Antwort. — „Also machen Sie die Sache schlau l Bringen
Sie dein unverbesserlichen Renommisten eine Flasche Lafitte und
ein Huhn — den Röder nimmt er sofort an, dann ist er blind wie
ein Hahn in der Balz; vertauschen Sie seinen Munitionsvorrat
und wechseln Sie auch die Patronen in seinein Zwilling aus!"
„Wird g'machtl" sagte der Jäger listig und lustig blinzelnd, und
eilig folgten die beiden der Truppe nach.
Beim Rnödlbogen ging's lebhaft her; man aß und trank mit
Behagen; in übermütiger Laune rief iiian Herrn Goldberg zahl-
reiche „Weidinanns Heil!" zu. Er ließ sich jedoch nicht in seiner
derzeitigen Jagdtätigkeit beirren — trank den letzten Tropfen
und verwandelte sein Hühnchen in ein tadelloses Skelett.
Nun wurde wieder aufgebrochen. — Als sich die Schützen aber-
nials bei der Strecke einfanden, war sie ziemlich reich bestellt.
Goldberg stand, wie immer, im Vordergrund. „Nun," fragte der
Jagdherr, „wie ist's dieses Mal gegangen, Herr Goldberg —
wieder ein Fuchs durch die Lappen geschnürt?" — „Nein," ent«
gegnete Goldberg, „habe diesmal einen schlechten Anlauf gehabt —
ich denke, daß ich nur fünf Hasen zur Strecke gebracht Habel"
Erwartungsvoll sahen alle auf den Baron, der sich Mühe gab,
ernst zu bleiben. „Erlauben Sie, Herr Goldberg," sagte er,
„welche Schrotnummer schießen Sie?" — „Was sonst als Dreier I?"
gab dieser zur Antwort. — „Nicht möglich — Sie irren sich,"
behauptete der Baron; „darf ich einmal eine Ihrer Patronen
sehen?" — „Mit Vergnügen", cntgegncte Goldberg und behändigte
dem Fragesteller das verlangte. Der Jagdherr Nahm die Patrone,
öffnete sie und — welche Überraschung 1 An Stelle der Schrot-
körner kam — frischer, würziger Schnupftabak zum Vorschein
„Saarbrücker Nummer zwei," erklärte der Baron — „eine Prise ge-
fällig?" Allgemeines Gelächter. „Wir haben uns einen kleinen
Jagdscherz erlaubt, Herr Goldberg; wir wollten sehen, ob ein so
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die närrischen Hasen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1908 - 1908
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3385, S. 292
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg