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Das gestohlene Tn rin kreuz.

als das Kreuz darin wohlgeborgen war, verschafften wir uns auf
die gleiche Meise einen großen Vlbehälter, dessen Inhalt wir über
den Turm auslaufen ließen. Sie werden begreifen, daß das vor-
sichtige Hinunterlassen des Ledersacks mit dem Kreuz uns dann
ebensowenig Schwierigkeiten bereitete, wie die Rückkehr in die
Kirche, deren Türen natürlich rasch geöffnet waren.

vor der Türe hatten meine anderen Mitarbeiter bereits eine
entsprechende Grube ausgehoben, in der wir das Kreuz betteten,
um dann rasch und geräuschlos die Straße wieder in den ordnungs-
mäßigen, früheren Zustand zu versetzen.

Ich inuß gestehen, daß uns das Glück sehr begünstigte. Denn
abgesehen davon, daß während unserer Arbeit dichte Finsternis
herrschte, zeigte sich auch ein Schutzmann erst dann, als wir gerade
fertig geworden waren. Da er es aber für nötig hielt, uns zu
fragen, warum wir da zusammen ständen, bedeutete ich ihm, daß
cs uns so vorkomme, als ob von dem Kirchturm das Kreuz ver-
schwunden wäre. Lr hielt das erst für einen Witz, sah dann aber
doch hinauf und fand meine Behauptung bestätigt. Jetzt blies er
so erregt auf seiner Signalpfeife, daß nicht allein noch fünf oder sechs
Polizeimenschen herbeigestürzt kamen, sondern sich auch die Leute
aus der Nachbarschaft einfanden. Und als bald darauf die ersten
Lichtstrahlen die Nacht verdrängten, stand auf dem Kirchplatz nach
Tausenden, Kopf an Kopf gedrängt, die Menge, in der wir leicht
und unauffällig verschwinden konnten.

Das Weitere wissen Sie ja aus den Zeitungen, Herr Geheim-
rat. Wir beobachteten natürlich sorgfältig unsere wertvolle Grab-
stätte, und gestern nacht endlich hielten wir es an der Zeit, uns
den Gewinn unserer Arbeit zu sichern, nachdem sich der Gesprächs-
stoff in der Stadt und damit die Aufmerksamkeit wieder anderen
Dingen zugewandt hatten.

Wir gruben also unser — Verzeihung, Ihr Kreuz aus und
brachten es zu unserem Vertrauensmann, der uns eine halbe
Million dafür zugesichert hatte.

Nun denken Sie sich, Herr Geheimrat, diese Gemeinheit I

Trotz unserer sorgfältigen Überwachung ist uns Ihr kostbares
Kreuz mit einem ganz gewöhnlichen, nur leicht vergoldeten Eisen-
kreuz vertauscht worden. Unser Vertrauensmann stellte das sofort fest,
und auch wir mußten uns von dieseui Schurkenstreich überzeugen." -
Der Herr Geheimrat war blaß geworden und der Schweiß
perlte ihm auf der Stirne, weshalb ich ihn sorgsam mit einem Glas
frischen Wasser stärkte, bevor ich fortfuhr: „warum ich Ihnen

das alles erzähle, Herr Geheimrat? Ja, sehen Sie, der oberste
Grundsatz bei unseren Unternehmungen ist die unbedingte Ehr-
lichkeit gegeneinander. Ich stehe aber seit dem gestrigen Vorfall
bei meinen Geschäftsfreunden in einem schiefen Licht und muß,
koste es, was es wolle, meinen guten, ehrlichen Namen wieder
rehabilitieren. Darum werde ich jetzt bei der Polizei Anzeige davon
erstatten, wie gemein mir mitgespielt worden ist; man muß den
Gauner ermitteln I Natürlich, ich weiß, daß man sich dann auch mit *
mir beschäftigen wird; aber, du lieber Gott, Herr Geheimrat, was
tut man nicht für seinen ehrlichen Namen und seinen guten Ruf..."

„Meine Herren, Sie dürfen mir glauben," so wandte er sich
jetzt wieder zu uns, „der Herr Geheimrat suchte mich mit
allen Mitteln von meinem Vorhaben abzubringen. Er fürchtete
Scherereien als Zeuge; schließlich könne man sogar glauben, er
hätte gar kein goldenes, sondern nur das vergoldete Eisenkreuz

gestiftet-aber lachen Sie doch nicht so unbändig, meine Herren I

Wie gesagt, was tut man nicht für seinen ehrlichen Namen
und seinen guten Ruf! Dem Herrn Geheimen Kommerzienrat war
seine — hin — Ruhe die halbe Million wert, die wir als Gewinn
unserer Unternehmung ausgeworfen hatten, und bevor noch eine
Stunde um war, zahlte nur sein Bankier die Summe aus, wovon
mir nach unserem Vertrag die Hälfte zufällt, während Sie die
andere Hälfte hier unter sich teilen wollen. — Im übrigen, meine
Herren, werde ich nicht verfehlen, falls ich wieder Ihrer geschätzten
Mitarbeiterschaft bedarf, mich an Sie zu wenden!" —

Dabei empfahl er sich mit einer unnachahmlich liebenswürdigen
Verbeugung...

Das Erbstück.

„Aber, Michhseit
acht Tag' gehst Du
mit der großen blauen
Brill'n — sag' mir
nur, wie hast Du Dir
denn Deine Augen
so ruiniert?"

„Gar net —
g'erbt Hab' ich
Bildbeschreibung

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Titel

Titel/Objekt
Das Erbstück"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Flashar, Max
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3386, S. 306

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