Fliegende Blätter (17.1853 (Nr. 385-408))

50 Die beide

damit willkommen bei ihm sein, und vielleicht kann ich durch
seine Verwendung voni Dienste dispensirt werden; dann werde

ich Steuermann, verhcirathe mich, und."

Sein glücklicher Gedanke lächelte ihn an, nnd machte ihm
Hoffnung, denn in seinem einfachen Matrosensinne sagte er
sich, daß man sich durch Geschenke bei den Menschen beliebt
mache, sich in ihre Gunst einschmeichle, und es manchem durch
eine gute Mahlzeit gelungen sei, Widerstand zu besiegen und
die größten Rebellen zu zähmen.

Während Marcel diese und ähnliche Betrachtungen an-
stellte, flog seine Barke dem Ufer und seine Einbildungskraft
einer lache nden Zukunft entgegen. Kaum war er an's Land
gestiegen, so zog er die blaue Jacke an, setzte den Wachs-
tuchhut auf, und schlug, mit seinen beiden Seebürgern beladen,
den Weg nach der Wohnung des Syndikus ein.

Das Geschenk ward von dem ehrwürdigen Beamten und
seiner respektabeln Ehehälfte wohlwollend ausgenommen; welche
letztere, während sie die Schönheit der beiden Seekrebse be-
wunderte, fand, daß der Matrose ein honetter Bursche sei, der
es verdiene, daß man sich für ihn interessire. Der interessante
Fischer begab sich sehr erfreut über die Aufnahme, welche er
und sein Geschenk gefunden hatten, wieder nach Hause,

Ein großer Liebhaber von Seekrebsen, schickte sich der Herr
j Syndikus schon an, einige Freunde zu einem Gastmahle einzu-
j laden, als es seiner Frau, die weiter sah, als ihr Eheherr,
der schon lange um ein vortheilhafteres Syndikat sollicitirte,
einsiel, lieber die Seekrebse an den Marinekommissair zu schicken.
Sie wurden alsbald an die Oberbehörde expedirt, um als
Empfehlung der beifolgenden neuen Bittschrift zu dienen.

Bei dem Anblicke dieser Ungeheuern Schalthiere gerieth der
Seekommissär, der schon seit langer Zeit um das Ehrenkreuz
, uachsuchte, außer sich vor Freude, indem erbedachte, daß er sich
i dasselbe durch ein so rares Geschenk erwerben könne; und die
beiden mit neuer Sorgfalt verpackten und mit Meerwasser
angefrischten Seekrebse werden durch die Mallepost an den
Herrn Divisionschef beim Marineministerium abgesendet. Ein
, Schreiben, worin eine kleine Anspielung auf das Ehrenzeichen
- enthalten war, begleitete die Sendung des Herrn Seekommissärs,
Der neue Seekrebsbesitzer, welcher wußte, daß am selbigen
j Tage eine von den Excellenzen dem dickwanstigen Theile der
Kammer einen Schmanß gab, um ein Amendement, das dem
! Ministerium sehr zuwider war. durchfallen zu lassen, sah den
! Einfluß voraus, den ein solches Geschenk znr passenden Zeit
! auf die Dispositionen des Ministers in Betreff seiner haben
j könne, und schickte den Korb mit den Krebsen mit der Bitte
j an seine Excellenz, ihm die Ehre der Annahme dieser schönen
j Produkte der einheimischen Seeküsten zu erweisen.

Die Seekrebse langten beim Minister in dem Augenblicke
j an, wo der Hotelwirth seiner Excellenz anzeigte, daß er iu
der ganzen Hauptstadt keine guten Schalthiere habe auftreiben
können. Schon war der Minister in seiner üblen Laune im
Begriff, seine Marine-Collegen auf die Mängel in der Gesxtz-
gebung über den Fischfang aufmerksam zu machen, da nicht eiu-

Seekrebse,

mal in der Hauptstadt gute Seekrebse zu bekommen wären,
um sie bei seinem Gastmahle den Gästen vorsetzen zu können.
Man denke sich also, mit welcher Freude das Geschenk em-
pfangen wurde, welches nun noch, nach einer vierfachen Wan-
derung aus der Tafel eines Ministers glänzen sollte. Das Diner