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III. Giuliano da Sangallo

Seine Lebensdaten (104) • Antikenstudien anderer Künstler seiner Zeit (107) ■ Architekturstudien florentiner Patrizier und des Lorenzo
il Magnifico (107) • Einfluß Albertis (109) • Antikenstudien des Lorenzo il Magnifico und anderer florentiner Patrizier
(110) ■ Antikenrezeption in der Architektur Giulianos (111) ■ Daten seiner Antikenstudien (111) • Seine beiden Skizzenbücher
(112) • Zeichnungen aus dem Umkreis (113) ■ Etappen der Antikenstudien im Codex Barberini (116) ■ Theoretische Studien
(127) • Historische Stellung Giulianos (134) ■ Initiator neuer Antikenstudien unter Leo X. (137).

Mit Giuliano da Sangallo berühren wir den bekanntesten
Bereich der Antikenstudien der Hochrenaissance vor An-
tonio da Sangallo d. J. und seinem Kreis1. Die Person des
Künstlers, sein architektonisches Werk und seine Zeich-
nungen sind gleich berühmt. Sie haben zu einem wesentli-
chen Teil das Bild von der Architekturzeichnung der
Renaissance bestimmt. Und doch stehen wir gerade hier
vor vielen offenen Problemen.

Vasari beurteilt Giulianos Auseinandersetzung mit der
Antike merkwürdig zurückhaltend2. Er berichtet, daß
Giuliano eine ansehnliche Sammlung antiker Plastik zu-
sammentrug, daß er ein besonders ausgefallenes antikes
ionisches Kapitell kopiert und die antike Technik, Ge-
wölbe mit Stuck zu dekorieren, erneuert habe. Er streicht
am Ende der Vita Giulianos und seines Bruders Antonio
(d. Ä.) als deren besondere Leistung eine relative Verbes-
serung der „toskanischen Bauweisen", wie er ohne wei-
tere Erklärung schreibt, und der dorischen Ordnung
heraus3. Aber er bleibt bei solchen einzelnen Angaben.
Gerade im Unterschied zu den Viten Cronacas und Bra-
mantes schließen sie sich nicht recht zu einem Gesamtbild
zusammen.

Besonders fällt auf, daß Vasari Antikenstudien Giulia-
nos gar nicht direkt erwähnt. Soweit den Viten zu entneh-
men ist, gelangt Giuliano zur Reife als Architekt, ohne

1 Grundlegend: Fabriczy 1902 (Giuliano da Sangallo; Hdschr.-
Verz.). Huelsen 1910. Marchini 1942 und 1950. Degenhart 1955.
Burns 1971, 286s. Foster 1978. Jetzt auch: Tönnesmann. Noch
nicht berücksichtigt werden konnte S. Borsi, Giuliano da Sangallo.
I disegni di architettura e dell'antico. Rom 1985.

2 Vasari Milanesi IV, 267-291.

3 „Lasciarono Giuliano ed Antonio ereditaria l'arte dell'architettura,
dei modi dell'architetture toscane, con miglior forma che gli altri
fatto non avevano, e l'ordine dorico con miglior misure e propor-
zione, che alla Vitruviana opinione e regola prima non s'era usato
di fare". Op.cit., 290s.

Rom zu besuchen. Zwar reist er dann nach Neapel, aber
es wird nicht berichtet, daß er Rom dabei berührt hätte.
Bereits auf der Höhe seiner Laufbahn angelangt, kommt
er nach Rom, aber kein Wort fällt über ein Studium der
Antike oder auch nur über irgendeine Reaktion auf die
Ruinen, deren überwältigender Eindruck Bramante an-
geblich zur Erneuerung der Architektur gebracht hat.
Vasari kannte sicher die prachtvollen Antikenzeichnun-
gen Giulianos, die noch sein eigener Neffe kopiert hat4,
aber er berichtet nicht von ihnen. Er erwähnt nur, daß
Francesco da Sangallo, Giulianos Sohn, das Erbe seiner
Altvorderen sorgsam verwahre, ohne zu bestimmen, wel-
cher Art dieses Erbe war5.

Im Hinblick auf seine Antikenstudien seien zunächst
einige wesentliche Stationen von Giulianos Lebenslauf
zusammengestellt. Leider beginnen die Unsicherheiten
schon in der Frühzeit, in der Cronaca seine entscheidende
Begegnung mit den römischen Ruinen hatte. Im allgemei-
nen wird angenommen, daß Giuliano (ca.) 1445 geboren
wurde. Dies Datum ergibt sich aus dem Alter, das Giu-
liano selbst in einer Steuererklärung nach dem Tod des
Vaters angegeben hat und aus dem Alter, in dem er nach
Vasari gestorben ist6. Huelsen hat sich dagegen für ein
Geburtsdatum von ca. 1452 eingesetzt7. Er stützt sich auf
die Angabe von Giulianos Alter in einer Steuererklärung
des Vaters8. Besonderes Gewicht gewinnt Huelsens Argu-
mentation durch das, was indirekt aus dieser und einer
früheren Steuererklärung des Vaters hervorgeht: in der

4 V. Stefanelli, Giorgio Vasari il Giovanne. ha cittd ideale. Rom
1970, 195-197.

5 „Questo Francesco, il quäle ha salvato insino a oggi tutte le cose
de' suoi vecchi e l'ha in venerazione Vasari Milanesi, 287.

6 Fabriczy 1902, 1. Marchini 1942, 106.

7 Huelsen 1910, p. XLIX s. Jetzt auch Tönnesmann, 88.

8 Fabriczy 1902, 24 s.
 
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