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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Augsburger Waffenschmiede, ihre Werke und ihre Beziehungen zum kaiserlichen und zu anderen Höfen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0238
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^ Augsburger Waffenschmiede. 2 17

Piccinino und viele Andere, welche mit ungemeinem Talente und bewundernswerthem Geschicke in
jedem neuen Werke sich und Andere zu übertreffen suchten. In halb Italien wendeten sich Gold-
schmiede und Plattner der Fertigung getriebener und tauschirter Prunkwaffen zu, so Pifanio Tacito,
Germain Pilon in Florenz, so Serafino in Brescia, Caremolo in Mantua und zahllose Andere.
Geschäftliche Gefahr drohte nur von der Stätte der Massenerzeugung, Mailand, und mit den Mailändern
rang auch Desiderius gleich seinen Vorfahren um den Vorrang am spanischen und an anderen
Höfen.

Ob die stilistische Richtung, welche Desiderius einschlug, von diesem selbst gewählt, ob sie ihm
nicht von anderer Seite vorgezeichnet wurde, ist schwer zu sagen. In seinen getriebenen Arbeiten wird
er durch seinen Schwager Sorg, welcher ihm die Entwürfe lieferte, dem italienischen Stile zugeführt;
damit gewinnt es den Anschein, als sei er Willens gewesen, seine Rivalen in Italien durch volles Eingehen
in ihre stilistische Weise auf ihrem eigenen Felde zu schlagen, wie dies bereits Koloman nicht ohne
Erfolg unternommen hatte. Wenn in Desiderius' Prunkwaffen der italienische Stil bemerkbar ist, so
führt dies bei genauerer Betrachtung doch nicht bis zur Täuschung, sie auch für italienische Werke
zu halten. Sie tragen alle gewisse Eigenthümlichkeiten an sich, wodurch sie ihre deutsche Abkunft
ganz deutlich verrathen. So lässt die Anordnung des Ornamentes in Streifen am Harnische von 1549,
gewisse, mehr kräftig und schwer als graziös modellirte menschliche Figuren, wie dies hauptsächlich
am Rundschilde von 1552 zu Tage tritt, ebenso wie das häufige Auftreten des Rollwerks die Hand eines
deutschen Meisters nicht verkennen. In seinen gewöhnlichen Arbeiten folgt er auf decorativem Gebiete
seinen Vorfahren, ohne die nationale Stilrichtung zu verlassen. Auch diese Wahrnehmung findet ihre
Erklärung darin, dass er sich hiezu handwerksmässig arbeitender Aetzmaler bediente, welche die alten
heimischen Motive in ihrer Art weiterbildeten.

Bei der oft staunenswerthen Universalität der Künstler des 16. Jahrhunderts drängt sich unwill-
kürlich die Frage auf, wie weit sich die Thätigkeit Jörg Sorg's in der Mitarbeit an den Werken des
Desiderius erstreckte, ob derselbe nicht einen Antheil an der Treibarbeit selbst hatte?

Mehrere Anzeichen deuten darauf hin, eine solche Annahme vollkommen auszuschliessen. De-
siderius tritt in seinen Werken für König Philipp II. mit so viel Selbstbewusstsein auf, dass wir ihm
die ausführende Thätigkeit wohl im vollsten Masse einräumen müssen. Jörg Sorg ist nur der Erfinder
und Zeichner der decorativen Beigaben, seine Marke und seine Initialen laufen nur ganz bescheiden
nebenher, seine Thätigkeit erstreckte sich sicher nicht weiter als die irgend eines andern Malers, der für
Waffenschmiede sein Können einsetzte, wie Albrecht Dürer, Hans Burgkmair, Hans Baidung
Grien u. A., auf den gezeichneten Entwurf. Wenn wir dieses als richtig gelten lassen, dann sprechen
aber auch alle Anzeichen dafür, dass auch das besprochene Schwert aus dem Zeughause in Berlin nur
nach Zeichnungen Sorg's in der Werkstätte seines Schwagers Desiderius Helmschmied gefertigt
worden sein konnte.

77. Matthäus Frauenpreis (Frawenbrys), Vater and Sohn.

In der Forschung über Augsburger Plattner und deren Werke taucht plötzlich ein Name auf,
dessen Träger bisher nur sehr wenig Aufmerksamkeit erregte und der auch bis zur Stunde nur durch
ein einziges, in der Armeria Real zu Madrid befindliches Werk bekannt war; selbst diese Zuschreibung
war nur dem Umstände zu danken, dass auf selbem, einem Schilde, der volle Name des Meisters ersicht-
lich ist. Derselbe lautet Matthäus Frawenbrys.

Eine Umschau nach einem Meister dieses Namens in unseren Künstlerlexica bietet uns eine nur
sehr magere Ausbeute. In den meisten findet er sich gar nicht, ebensowenig wie in den Verzeichnissen
der Monogrammisten; in anderen findet sich überall der gleiche Text, wie z. B. in Seubert:

»Frawenbrys Matthäus, Waffenschmied des 16. Jahrhunderts, aus Flandern. Von ihm ein schöner
Schild Philipps II. in der Armeria von Madrid von 1543 mit einer auf dem stürmischen Meer des Lebens
schiffenden Fortuna.«
 
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