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LLo

Epistel sn einen Diplomaten

°MMas jüngst ich schon in Eile Dir gesagt,

Verehrter Freund, laß inich's in Ruhe nochmals
Hier wiederholen. Ja, ich freue mich.

Daß Rußland erst mal Schläge kriegt, und wenn ich
Das offen sage, thut es keinen Schaden.

Ich bin kein Herrscher, bin auch kein Minister,

Der sorglich.seine Worte wägen muß;

Privatmann bin ich und darf frei mich äußer».

Das ist auch Deinen russischen College»

Hier in Berlin bekannt; sie wissen wohl,

Daß Vülow keine Knute hat, mit der er
Die öffentliche Meinung lenken könnte.

Du weißt, daß ich für Japans gelbe Söhne
Mich nie erwärmen konnte. Unsympathisch
Ist mir der Rasse Typus, unerfreulich
Die perjpectivelose Malerei
Und unausstehlich das Chrysanthemum,

Das ich für keine Blume halten kann.

Doch flauncnswerth scheint mir, was jetzt sie leisten.
Nicht äußerlich nur angecignet haben
■. Sie sich, was sie bei uns mit Fleiß studiert.

Rein, eingegangen ist's in Saft und Blut.

Kuroki würde jedemGencralstab'

Zur Zier gereichen, und wie um die Wette
Die Tausende zum Tode froh sich drängen,

Das ist doch prächtig. Achtung vor den. Kerlchen!

Zn Rußland mm! Seit zwanzig Jahren tritt es
Mit Mammuthfützen seine Deutschen nieder,

Die treu ihm stets und mit Geschick gedient.

Euch Diplomaten geht ja das nichts an,

Ich als Privatmann nenn' es niederträchtig.

Jetzt geht's denr armen Finnland ebenso.

Des Eids vergessend, den er einst geschworen,

Läßt seine Henkersknechte schalten dort
Rach Willkür ganz der milde, zarte Herrscher.

Und mit der Suttner wirkt indessen er
Und Biedermännern, die viel richtiger
In Weiberröcken gingen, für den Frieden!

Den Frieden will er, doch er will zugleich'

Die Mandschurei besitzen. So drängt Rußland .

Das kleine Japan Schritt für Schritt zum Kriege.
Und da der Kleine endlich losschlägt, jannnert
Der Große heuchlerisch zum Himmel auf
Und treibt mit Heil'genbildern groben Unfug.

Nimmst Du die Schurkerei nun noch dazu,

Die vom Munster bis zum letzten Schreiber
Auch jetzt vom Mark des Vaterlandes sich niästct,

So sagst von Ekel du erfaßt: „Nicht etwas,

Nein, alles ist im Staate Rußland faul!"

Wie stellt zu uns nun dieses Rußland sich?

Wir sehn ihm alles an den Angen ab
Und ernten Grobheit, Haß und Hohn dafür.

Die Freundlichkeiten unsres Kaisers nimmt
Mit eis'ger Kühle Väterchen entgegen.

Mit einein Wink brächt' er zur Ruh die Meute
Der Presse, die mit giftigem Gekläff
Am Grenzpfahl auf die deutschen Farben wässert,
Doch ruhig läßt er sie gewähren, jetzt erst
Wird sie zu ein'gem Wedeln angewiesen.

Und diesem Volke sollt' ich-Gutes wünschen?

Nein, Schläge wünsch' ich ihm und nicht zu knapp,
Daß ihiil der Hochmuth ausgetriebcn wird!

So, das ist meine Meinung. Nun noch Eins!

Wenn Du mal Bülow siehst, so sag' ihm doch,

Ich sei ihm dankbar für die gute Absicht,

Doch Hab' ich keinerlei Belehrung nöthig.

Und leise füg' hinzu, in einem Lande,

Draus die Depesche an Oom Krüger ging —

Ich weiß, er war ja damals noch nicht Kanzler,

Und keine Schuld drum trifft ihn bei der Sache —
In diesem Lande, sag' ihm, solle man
Zn laut nicht vom polit'schen Tarte reden.

Doch nein, das geht ja nicht, das kann ich nicht
Von Dir verlangen. Besser ist's darum,

Ich sag's dem guten Bernhard ganz direct.

Kladderadatsch.

Unterschiede

Der Deutsche wird in Marokko von Räubern todtjeschlagen.

Der Amerikaner wird von ihnen, aufjehoben.

Die Vereinigten Staaten schicken sofort »ach Tanger 7 Kriegsschiffe.

Die Rcichsrejierung hat dazu kecne.

Der Amerikaner verursacht seinem Vaterlande jroße Kosten.

Der Deutsche jibt »ich die jeringste Veranlassung dazu.

Un dadraus is der Schluß zu ziehen, daß 'n kodier Deutscher ville
mehr werth is als so» lebendiger Anierikaner,. und die Achtung vor
Deutschland im Auslande durch Bescheidenheit erhöht wird, während
die Vereinigten Staaten zur Erreichung dieses Zwecks einer jroßen
Nation unwürdige Jewaltmittel anwonden niüssen.

Aujust Reumann
_ aus der Pappel-Allee.

Durch das Wolffschc Tclcgraphenbürcau ist dem Erdball Kunde
gegeben worden von der Thatsache, daß die Kesselpauken der Eardes du
Corps neue Behänge erhalten haben. Damit hat dieses officiöse Institut
wieder einmal den Beweis geliefert, daß es die Zeitungscorrespondenten
brotlos zu machen sucht, indem es ihnen die wichtigsten Nachrichten vor
der Nase wegschnappt.. Nächstens wird cs wahrscheinlich auch melden,
daß die Pauken geflickt worden sind oder der Leutnant Meier eine
neue Schärpe gekauft hat. Es ist höchste Zeit, daß sich die Journalisten
zusammcnschlioßen, um diesem unlauter» Wettbewerb zu begegnen.

Im Hochgebirge hat bereits die Absturz-Saison angefangcn. Herren
die am Abstürzen theilnehmcn wollen, werde» darauf aufmerksam
gemacht, daß es sich empfiehlt, vorher die Wirthshausrcchnung zu bezahlen.

Dem Landgericht in Trier liegt jetzt der Fall Graf Hoensbroech
gegen Caplan Dasbach vor. Bekanntlich hat der Graf gegen den
Caplan uni 2000 Gulden gewettet, daß der Satz „Der Zweck heiligt die
Mittel" ein jesuitischer Lehrsatz ist, und nun er die Wette gewonnen
hat, weigert sich Dasbach, die 2000 Gulden auszuzahlen.

Wer weiß, was bei dem gerichtlichen Verfahren herauskomnit.
Vielleicht wäre cs das Beste gewesen, den Fall von vornherein einfach
dem heiligen Vater in Rom zur Entscheidung vorzulegcn. Das hat
aber, wie cs heißt, Dasbach nicht gewollt, weil er den Papst nicht für
unbefangen genug hält. Allerdings hat schon einmal ein heiliger Vater
den Jesuitenorden wegen der larcn Moral seiner Grundsätze auf-
gehoben, und ganz so viel Vertrauen wie die deutsche Reichsregierimg
bringt man wohl in Rom den Jesuiten, die man dort besser kennt,
nicht entgegen.

Der Reichstag komntt jetzt in die Hitze hinein, und es gibt schwere
Arbeit. I» Anbetracht dieser Umstände sollte doch der von einigen
Reichstagsmitgliedern ostprcußischer Herkunft gemachte Vorschlag, im
Anschluß an die Weinproben des Abgeordnetenhauses von Zeit zu Zeii
zum Zweck der Abkühlung und Stärkung eine Grogprobe zu veranstalten,
nicht ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden.

„Alter Freund, wie siehst du denn aus?" ftagte der Teufel den
Tod, den er damit beschäftigt fand, seine Knochen zu sortieren und.
wieder an die richtige Stelle zu bringen.

„Louise Michel hat mit mir gerungen," erwiderte der Tod.
„Willst du sie nicht holen? Sie hält jetzt in Paris wieder Vorträge
nach ihrer Genesung." „Ich habe jetzt zu viel in Ostasien zu thun,"
sagte der Teufel und empfahl sich eilig.
 
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