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Kr. 36

Berlin, den 4. September 1904

Wodjenliafeiiöcr

Montag, Len 5. September

Was thun wir nicht, die Sipnpalbic
Iol,n Bulls uns zu gewinnen!
'Allein gelingen will es nie.

Was immer wir beginnen.

Dienstag, den 6. September

Wir grüßen il,n mit Zärllichkeik
Als unfern lieben Detter
Vei jeglicher Gelegenheit,

Trotzdem wird er nicht netter.

Mittwoch, den 7. September

er so schlecht denn? Gott behüt'!
Oi>m fehlt bei sonsr'gen Gaben
Nur leider gänzlich dos Gemüth.
Wovon zu viel wir hoben.

L OA

lvii. Jahrgang

TBodjenfcafenöct

Donnerstag, den 8. September

Stets zeigt er mürrischen Gesichts
Uns sich als Malcontenten
Und sieht in uns. den Qerm.ins, nichts
Als lcid'ge Concnrrenten.

Freilag, den 9. September

Von Glück gönnt er, von Sonnenschein
Uns nicht den lleinsten Schimmer.
Kann das noch anders werden? Nein!
Er wird jo täglich schlimmer.

Sonnabend, den 10. September

Jehl gibt er gor sein Wort darauf,

Wir hätte»! ihn bestohlen.

Hört da nicht wirklich olles auf?

Der Teufe! soll ihn holen!

Kl ad derodots ch

IMeiiGfatf

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage.
Man bestellt bei den Postanstalten des In- und Auslandes,
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Der vierteljährliche Bezugspreis für dieses Blatt mit sämmtlichen
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Einzelne Nummer 20 Pf.

Alle Rechte für jämmrliche Artikel uiw JUultranonen Vorbehalten.

(EUegie

'/llßlaiiL, denk' ich an dich, so stellt das elegische Versmaß,
Das uns der Krieche geschenkt, immer von selber sich ein.
Trägt-doch besser in ihm als in anderen ernste Ketrachtnng,
Stiller Entsagung Leid, schmerzliche Klage sich vor.

Daß wir gebunden und unsre', sind und im Streit mit uns selber,
Spricht für das feinere Ohr deutlich das Distichon ans.

Will der Hcraincter schweifend in freierem Lauf sich ergehen,
Schiebt der Pentameter gleich hemmende Kicgel davor;

Will sich zu spielendem Kluge hinauf der Kcramrtrr schwingen,
Hängt der Pentameter schon seine Gewichte ihm an.

Djst nicht gebunden auch du lind unfrei, heiliges Kiifzland,
picht mit dir selber im Streit, mächtig und schwach doch zugleich?
Lurchtbar allen hast lange geherrscht du im Käthe der Völker,
Immer die Erste warst du, aber du bist es nicht mehr.

Hoch nach Irägst du dasHaupt, doch esglähiidirStirnriiudWongen.
Ist cs die Käthe des Zorns? Ist es der Purpur der Scham?
„Sicher gcmiiin' ich den Sieg, mag lauge das Kingeii auch währen!"
Kufst du, dach Streich auf Streich trifft dich mit lähmender Wucht.
Krampfhaft schwingt bei Paraden der Zar die Heiligenbilder,
Aber der Kämpfer im Feld spürt von den Heiligen nichts.
Sicher sind ihrer zn viele; der eine verläfzt auf den andern
Sich, und fo rührt zuletzt keiner die reitende Hand.

-o—o—o

Ach, wo blieb sie, die Flolle, die stattliche, die »ach vor Monden
Trotzig das liegende Kreuz ferne im Osten gezeigt?

Still auf dem Grunde der See jetzt ruhn die gcwoltigen Schiffe,
Oder sie bergen versehet scheu sich im schirmenden Part.

Und wie steht's auf dem Lande mit dir? Gewinnt dort der wackre
Kurapatkin den Sieg, den d» so sehnlich erhoffst?

Denk' iil, an ihn, so wird erst re,HI mir elegisch z» Sinne:
Worte jo Hot er genug, doch an de» Thatcn gebricht's.
Distichon-Taktiker möcht' ich benenne», ihn, weil er so trefflich
Mir mit dem wechselnden Thnn patzt in den phgthmns hinein.
Kastlas müht er sich ja und Anlauf nimmt er auf Anlauf,

Doch es versagt ihm die Kraft, nimmer erreicht er dos Ziel.
Die ihm gefolgt in die Schlacht mit lciichteiiden Augen, gesenkten
Hauptes lenken zurück gleich sie den zögernden Schritt.

Wird fein Käme dereinst im Heldenlied» verewigt?

Ach, schon schwirren des Spotts Pfeile ihm dicht »in das Haupt.
Der das geflügelte Wort uns vom Distichon fang, von der Arbeit
K»ht im geweihten Kezirk bald rin Jahrhundert er ans.

Lebt' er in »nserer Zeit, nicht brauchte den plätschernden Springquell
Er zum Vergleich zu bemüh», treffender sagt' er vielleicht:

Ji» Heramctcr stürmt ans den Gegner der mackere Kusfe,
Am Pentameter draus geht er bescheiden zurück.

Kladderadatsch
 
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