Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kr. 32

ßcrltn, den 7. August 1904

lvii. Jahrgang

Wcheilkalender

Montag, den 8. August

Du liebe Sauregurkenzeil.

Wie warst du einst so schön,

Wenn Friede herrschte weit und breit
In THSlern und auf Höhn.

Dienstag, den 9. August

Do ward gescherzt nur und gelacht.

So heig es oft auch war,

Und fröhlich auf die Entenjagd
Ging der Reporter Schar.

Mittwoch, den 10. August

Noch ward nicht auf der Sec geraubt,
Wie jetzt man leider thut.

Die Seeschlang' hob ihr schönes Haupt
Sanft lächelnd aus der Fluth.

Mcheilkaleilder

Donnerstag, den II. August

Die ültsten Mordgeschichtcn fand
Man wieder haufenweis.

Und in der Zeitungsspalte stand
Der hundertjähr'ge Greis.

Freitag, den 12. August

Der Vörsenmann könnt' still und froh
Im Seebad sich zerstreun,

Und der Minister ebenso
Sich seines Lebens freun.

Sonnabend, den 13. August

D hör', wir bitten dich: erschein
In alter Fröhlichkeit!

So stell' dich wieder bei uns ein,

O Sauregurkenzeit!

Kladderadatsch

IQoMffdft

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage.
Man bestellt bei den Poftanstalten des In- und Auslandes,
sowie in den Buchhandlungen.

Der vierteljährliche Bezugspreis für dieses Blatt mit sämmtlichen
Beilagen beträgt für In- und Ausland 2 M. 25 Pf. ohne Porto.

Einzelne Nummer 20 Pf.

Alle Rechte für jümmrliche Arnika und IUusrranonen vorbehalreu.

f\D£>

er Optimist


lg von Norderney herüber
Bernhard Bülow jüngst gekommen,
Fand die Käthe er in trüber
Stimmung sichtlich und LeKlommen.
Einem jeden sprach der Kcrger
Stets noch aus dem Angesichte,

Den ihm schuf die NönigsLerger
Hochverraths- und Mordgeschichke.

Ja, noch ltand's den Herren allen
In den Fügen Klar geschrieben:

„Arg sind wir hineingefallen;

Wären wir davon geblieben!

Höchst erfreulich war das Ende
Für die Mörder lind Belcid'ger,

Und es rieben sich die Hände
Die geriebenen Berlheid'ger.

Ach, wie Hieb auf Hieb da Krachte
Nuf die Petersburger Grösten!

Wie's den Kerlen Freude machte,
Kustlands kranke Scham ju Llöstcn!

Und es mustte )u der Hörer
Luft sich Schönstedt lassen sagen,

Wie man's anfängt, wenn Berfchwörer
Mit Erfolg man will verklagen!"

Bernhard Bülow, den im Kinne
Ziert das Grübchen, sah das heiter.

In dem stets zufriednen Sinne
Dachl' er nicht der Sache weiter.

Lächelnd hold aus gutem Herren, •

Wie's erwünscht ist Photographen,

Sprach er: „Das macht euch noch Schmerzen?
Deshalb mögt ihr ruhig schlafen.

Dast wir nichts herausgebissen,

Ist das wirklich zu bedauern?

Dast der Staatsanwalt mit Schmissen
Heimkam, sollen drum wir trauern?

Dies auch ju fruclisicieren,

Zieh» wir gleich daraus die Lehre:

Sich für Kustland zu blamieren
Ist noch immer eine Ehre!"


"0

Kladderadatsch
 
Annotationen