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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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Kleine Mitteilungen
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Aus dem Leben des Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0056
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Fachlehrer in München, und gründlicher Kenner der Maltechniken
führte diese Arbeiten an den Bildern am »schönen Turm« am
»Bürgerspital« und »Frauenturm« aus und achtete dabei beson»
ders auf fachgemäßen Verputz in Material und Arbeit. Nachdem
dann die ursprünglich allein geplante Tünchung der Bürgerspital»
und Rathausfassade durchgeführt war, ergriff die angrenzenden
Hausbesitzer die Lust, auch ihre Fassaden einer gründlichen Er»
neuerung zu unterziehen und es begann eine immer weitere Aus»
breitung der Erneuerungsarbeiten. Diese Zusammendrängung
der Arbeiten auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum er»
möglichte es Herrn Kurat Dr. Schmid in beratender Weise
auf die Hausbesitzer einzuwirken, die ihm verständnisvoll ent»
gegenkamen, und so entstand eine harmonische Zusammen»
Stellung abwechselnder Tönungen der Hausfassaden, bei der ent»
sprechende Farbenstimmungen erzielt wurden. Im Ganzen wurden
über 30 Hausfassaden neu ausgeführt, vielleicht ist bei einzelnen
etwas keck zugegriffen worden, aber der Ausgleich wurde immer
wieder gefunden, natürlich wurden auch die Fensterrahmen Läden,
Tore, Dachrinnen u. s. w. dem Bilde entsprechend gehalten. Als
Anstrich wurde teils Kalkfarbe, teils KaIk»Kasein, teils Keim'sche
Mineralfarbe gewählt. Die Wappenbemalung im Rathaus er»
folgte in Wachs=Enkaustik. Wir kennen die trefflichen Lösungen,
die die Brüder von Seid! mit den Hausbemalungen in Tölz und
Murnauerreicht haben. Daß nun erstmals eine Gemeindeaus sich
heraus solche farbige Schmückung ihres Straßenbildes zu Wege
bringt, ist besonders erfreulich. Das Beispiel wirkt, und es ver»
lautet, daß auch Moosburg, Freising, Wasserburg an Ähnliches
denken. Die Zeit ist für eine einheitliche Durchführung jetzt be»
sonders günstig, da so viele Hausfassaden ohnehin der Erneuerung
bedürfen. Voraussetzung für das Gelingen ist freilich eine ver»
ständnisvolle fachmännische Beratung und ein williges Eingehen
der Hausbesitzer auf eine solche.

Nochmals Frühjahrsmesse, Frankfurt 1924. Irrtümlich
wurde vermutet, daß bei dieser Messe eine Gruppe bayerischen
Kunstgewerbes aus dem sog. «Werkbundhaus» nach dem Römer
umgezogen sei, eine „romantische Flucht" vollzogen habe. Der
Bayerische K. G. V. hat immer im Römer ausgestellt und von
den 18 Firmen, die sich ihm diesmal angeschlossen hatten/ waren
nur drei jemals im «Werkbundhaus«, von denen aber zwei diesmal
an beiden Stellen vertreten waren. Somit erübrigt sich die Fest»
Stellung, daß das Münchener Kunstgewerbe mit diesem ge»
meinsamen Auftreten auf der Messe keinerlei Gedanken gegen
den Werkbund gehegt oder gar hätte zum Ausdruck bringen
wollen. Ebenso wenig ist eine in der Presse aufgetretene Notiz,
man hätte damit »eine Klärung« angestrebt, hätte »mit der Be»
sinnung auf die heimatlichen Grenzen in den Fluß einer klaren
ruhigen Tradition zu kommen« gehofft. Auch war — wenn man
das auch noch feststellen soll — das Bauernmöbel nie das Ziel
unserer Entwicklung. Vielmehr sollte das geschlossene Auftreten
des Münchener Kunsthandwerks auf der Frankfurter Messe
lediglich diesem Gelegenheit geben, zu zeigen, was in München
geleistet wird. Also äußerstenfalls eine Absicht, die die Mehr»
zahl der Messeaussteller hinführt.

Preisausschreiben: Die Unfallverhütung im Bilde. Die Reichs«
arbeitsverwaltung hat einen Wettbewerb zum 15. September aus»
geschrieben, um anschauliche bildliche Darstellungen von künstleri-
schem Werte zu erlangen, die dem Fabrikarbeiter die Gefahren
seines Berufes ständig vor Augen halten. Auf Grund des Er»
gebnisses sollen die preisgekrönten Künstler dann dauernde
Aufträge der gedachten Art erhalten. Näheres im Sekretariat des
Vereins oder gegen Einsendung von 15 Pf. durch das Bayer. Ar»
beitermuseum München, Pfarrstr. 3. Ebendort sind amerikani»
sehe und holländische Bildplakate gedachter Art ausgestellt.

AUS DEM LEBEN DES VEREINS.

Eduard Steinicken-}-. Einer unserer besten Meister, der Tech»
nik und Kunst zusammen ausübte, wurde uns im Alter von
56 Iahren durch den Tod entrissen.

Er lernte bei Harrach als Gold» und Silberschmied und Ciseleur,
besuchte nebenbei die Fachschulen noch an Sonn« und Feiertagen
für Zeichnen und Modellieren und gewann so durch bewunderns»
werten Eifer und Fleiß die Selbständigkeit und Meisterschaft.
Seine kräftige Natur erlaubte ihm rastloses Schaffen auf allen
Gebieten der Metallarbeit und der Drang nach künstlerischer
Vollkommenheit führte ihn mit dem gleichalterigen Kunstmaler
Lohr zusammen, mit dem ersieh zu der Firma Steinicken'S) Lohr
verband und so führend wurde und den weithin bekannten Ruf
erwarb. Auch nach der Ernennung von Lohr zum Professor an
der Kunstgewerbeschule in Nürnberg, entfaltete sich das Unter»
nehmen weiter. Wenn auch hierdurch Steinickens Arbeitslast immer
größer wurde, fand er doch noch in den Abendstunden Zeit, seine
große musikalische und gesangliche Begabung zu betätigen und der
Kunstgewerbeverein hat seine schönsten Feste der Familie Steini»
cken zu danken, da auch die Geschwister mitwirkten, beim Frauen»
gesang auch die verwandte Familie Bradl und Freund Ringer.
Dieses Dreigestirn war ein Geschenk der guten alten Zeit, feinen
Familiensinnes nach dem Wahlspruch: „Tages Arbeit, Abends
Gäste, saure Woche, frohe Feste". Ein angeborener Pessimis»
mus rang in Steinickens Seele um die Oberhand, bis schließlich durch
die Kriegsjahre seine Riesennatur doch nachließ. Zumal er sich
von Professor Lohr trennte und durch die Auseinandersetzung

viel überwinden mußte. Außerdem setzte die politische Ver»
elendung auch dem Körper zu und bewirkte plötzlich auftretendes
Siechtum, dem er nach einigen Monaten erlag. So mußte er alles seiner
werktätigen Frau und den beiden Söhnen überlassen, die er mit
väterlichem Ernst und Sorge zum gleichen Beruf heranzog. Wir
hegen für sie die besten Wünsche, sie möchten das Unternehmen
so weiterführen, daß es München weiter zur Ehre gereicht und
daß auch dem Kunstgewerbeverein, dessen Ausschuß der Ver»
storbene seit 15 Jahren angehörte, dieser Sd-.lag echter Meister»
schall: erhalten bleibe.

Er ruht nun, wie sein Freund Ringer, im Moosacher Friedhof
neben Professor Bradl, dem gleichfalls unvergeßlichen Meister aller
schönen und köstlichen Gaben ausgleichender Menschlichkeit, die
unserem Kunstgewerbeverein nie die Treue versagten.

Zur Jurierung. Bekanntlich werden alle Gegenstände, die der
Kunstgewerbeverein in die Ausstellungshalle (Einzelverkauf) und
Musterschau (Engrosverkauf) aufnimmt, oder auf Messen oder
Ausstellungen schickt, der Auswahl durch einen Ausschuß (Jury)
unterworfen. Letztere setzt sich je zur Hälfte aus Künstlern und
Handwerkern zusammen.

Da die Entscheidungen dieser Jury seitens der Betroffenen alle»
zeit lebhafte, z. Z. erregte Anfechtungen erfahren, erscheint es,
um den Strom der Einsprüche auf das Unvermeidliche zu be»
schränken, angebracht, hier einiges über die Jurierung festzustellen
und den Einsendern zur Beherzigung zu empfehlen: Die Jury

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