Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

Vlindgebornen aus der andern Seite sehr gut zusammcn-
gestellt werden konnten), sondern daß sie auch in ihren
verschiedenen Charakteren jene Mannichfaltigkeit barbieren,
die so wirksam und in den gewöhnlichen Gegenständen so
schwierig zu finden ist. Die Majestät der Religion, die
vollkommene Einheit in dem nackten Körper des Erlösers;
die Herzensgute der durch den Anblick ihrer guten Söhne
erfreuten Mutter und die verschiedenen Stellungen der
Kinder, welche den verschiedenen Graden ihrer moralischen
Ausbildung entsprechen, konnten für die künstlerische
Wirkung höchst günstige Contraste hervvrbringen, und ich
habe mich bemüht, denselben so weit als es mir möglich
war, nah zu kommen. Andere Figuren hielt ich nicht
für nöthig, da die drei Gruppen, in welche die von mir
angenommenen Figuren vertheilt sind, den Glauben, die
Hoffnung und die Liebe bedeuten, somit die ganze Reli-
gion umfassen, und dem Werke jene Einheit des Gedan-
kens und Gefühls geben, welches in den Werken der
Kunst niemals vernachlässigt werden darf.

Ich habe geglaubt, vielmehr die Religion und nicht
die Mutter Gottes darstellen zu müssen, erstlich um eine
bemerkliche Verschiedenheit zwischen meiner zu Saronno
befindlichen Kreuzabnahme und diesem neuen Werke ge-
rade in dem Theile, in welchem beide nothwendig Über-
einkommen, anzubringen; und dann, weil es wirklich die
Religion ist, welche die Gläubigen zu dem Feste einlädt,
auf welches meine Gruppe sich beziehen wurde.

Dies ist das Werk, mit dessen Uebertragung die
vbcrherrliche Munificenz mich zu beehren geruht hat. Ich
habe mich bestrebt, und werde mich fortdauernd bemühen,
dasselbe zu aller Vollkommenheit zu bringen, deren Stu-
dium und Fleiß mich fähig machen können, damit das
Werk zum mindesten den Willen bezeuge, einer so hohen
Würdigung zu entsprechen.»

Bemerkungen junt Aussätze Marrhcsi's über dessen
Kunstwerke.

Ich wüßte nicht, daß ein größeres Werk der Sculptur
in der neueren Zeit ausgeführt worden wäre, in welchem
sich eine größere oder gleiche Anzahl von Figuren zu
einem so harmonischen Ganzen vereinigt wie in diesem.
Die Idee in der Kreuzabnahme, an die Stelle der Mutter
Gottes die personifizirte Religion gesezt zu haben, ist für
den katholischen Italiener eine sehr kühne, dürfte aber
eben wegen ihrer Abweichung vom religiösen Canon bei
eifrigen italienischen Katholiken eher Tadel als Beifall
finden. Die Allegorie der drei göttlichen Tugenden tritt
wohl vor's Auge nachdem man das Programm gelesen,
aber ohne dasselbe würde sie schwerlich der Beschauende

von selbst auffinden, und er wird die Religion, welche
Christus im Schooße hält, bloß für eine kolossale Mutter
Gottes ansehen, deren Gesichtsausdruck freilich nicht der
christliche einer Mutter, die einen Sohn verloren, sondern
der antike einer Niobe ist. Da auch Christus, in Vergleich
mit den Figuren der beiden Seitengruppen kolossal er-
scheint, so macht das winzige Kind, welches zu den Füßen
des Heilands sich hinwirft, den unangenehmen Eindruck
eines Hündchens. Diesen ungünstigen Eindruck abgerech-
net, ist die Harmonie der beiden Seitengruppen, sowohl,
jeder einzelnen für sich, als in Bezug auf die mittlere
große der Kreuzabnahme eine bewundernswerthe, und
je länger man dieselben betrachtet, desto mehr offenbart
s sich die besonnenste'Berechnung des Künstlers und das
höchste Schönhcitsgesühl für das harmonische Ineinander-
fließen der Formen. Die Trias, welche die mathematische
Grundlage dieses Kunstwerkes ist, tritt nicht nur in den
drei Gruppen (der mittleren nämlich und denen zu beiden
Seiten) und in den drei Figuren, aus welchen jede be-
steht, hervor, sondern ist auch in den neun Strahlen
der Glorie, womit das Haupt der Religion umgeben ist,
klar angezeigt. Canovas Grabmal der Erzherzogin Chri-
stine steht hinter diesem Kunstwerke, sowohl was die Zahl-
der Figuren als die Idee des Ganzen betrifft, bei Weitem
zurück, und wenn Thorwaldsens Apostel sammt Christus
eine größere Anzahl von Figuren darbieten, so sind die-
selben doch nicht wie diese drei Mal drei zu einem ein-
zigen Ganzen vereinigt. Der Eindruck dieses jezt in der
Werkstätte Marchesi's ausgestellten Modells ist ein so
großer und mächtiger, daß alle andern zahlreichen ganz
oder halb vollendeten Statuen und Gruppen für den Be-
schauer in den Hintergrund treten; daß selbst der Oester-
reicher dem Modell der, nach Gratz bestimmten, iw
weichemMetalle zu gießenden Statue des Kaisers Franz
(der übrigens nicht ähnlich genug) kaum einen Blick schenkt,
und die für Frankfurt bestellte sitzende Statue Goethe's
den Deutschen nicht lange genug vor sich festhält.

Archäologie.

2) Retbre ä TVI. L. de Klenze sur 1111c Sta-
tue de heros atlique recemment decouverte »
Athenes; par M. Raoul-llochctte.

3) Argos Pauoptcs. Von vr. Theodor
Panofka.

4) Uebcr die Metalispicgcl der Etrusker.
Von Ed. Gerhard.

(Beschluß.)

Nr. 2. Es ist nicht zufällig, wenn wir unmittelbar
rach der Gerhard'schen Abhandlung die Broschüre von
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen