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71.

2tz-

Kunst-Dlatt.

Dienstag, Len 3. September itz39.

Zur Geschichte der Holzschneidekunst in
Frankreich.

(Fortsetzung.)

Durch die Formschneiderei entstand um den Anfang des
I6tcn Jahrhunderts noch eine andere besondere Gattung
von Holzschnitten, welche die Italiener chiarascuro und die
Franzosen cauiaieu nennen. Mehrere Kunsthistoriker schrei-
ben diese Erfindung dem Francesco Mazzuola, ge-
nannt il Parmegianino zu; andere halten denHugo
da Carpi und noch andere den Albrecht Dürer für
den Entdecker. Diese Art schickt sich ganz gut zur ge-
nauen Uebcrtragnng der Handzeichnungen alter Meister,
welche meistens auf kolorirtem Papier leicht hingeworfen
und ein Gemisch von Tusch- und Federzeichnung waren,
wo die Lichter durch Weiß angedeutet wurden, welches
man mit dem Pinsel austrug, so daß sie ungefähr dieselbe
Wirkung wie die monochromatische Malerei der Alten her-
verbrachten. Andrea Audreani, dessen Stücke fast alle
in dieser Helldunkeln Manier ausgeführt sind, brachte es
darin sehr weit und machte viel Aufsehen damit; allein
als die Nadirkunst wegen ihres leichten und schnellen
Verfahrens bei den Malern und Zeichnern allgemein in
Ausnahme kam, wurde die Holzschneidekunst und nament-
lich die helldunlle Abart derselben vernachlässigt, weil
dazu mehrere Formen und viel mehr Umstände nöthig
waren. Um das Jahr 1730 erneuerte jedoch ein berühm-
ter italienischer Kunstfreund, der Graf Anton Maria
Ianetti diese Art der Holzschnitte in Italien, deren Ver-
nachlässigung ungerecht erscheint, wenn man die wunder-
bare Menge von Abdrücken bedenkt, die sie liefert, ohne
daß die Formen verderben. Zanetti machte eigenhändig
eine bedeutende Sammlung von Camaieur nach den Zeich-
nungen Raphaels und Parmegianino's in der Sammlung
des Grafen Arundel, wobei er zur Ausführung eines
einzigen Stücks oft fünf Formen gebrauchte. Einige
Jahre vor seinem Tode verbrannte Zanetti, man weiß
nicht, ob aus-Unzufriedenheit mir seiner Arbeit oder ob

aus launischem Eigensinn, alle seine Formen, deren Un-
tergang seine Sammlung von Camaieur sehr selten macht.
Nach Zanetti fiel diese Art des Holzschnitts abermals in
Vergessenheit,,bis man später dieses Verfahren zur Ver-
fertigung von Buntpapier und zum Kattundruck anwandte.

Die bekanntesten älteren Formschneider in Frankreich
sind: Jollat, gegen Ende des täten Jahrhunderts,
Guillaume Le Ble, der bereits erwähnte Pierre
Voüiriot, ein Lothringer, dessen Zeichen ein lothringi-
sches Kreuz st, Jean Cousin, der zwar selbst nicht
viel in Holz geschnitten, aber nach dessen Zeichnungen
fast alle Holzschnitte der unter Heinrich n., Franz II.,
Karl IX. und Heinrich Hl. gedruckten Bücher gemacht
sind; der ebenfalls schon zitirte Bernard Salemvn
aus Lyon, auch der kleine Bernard genannt, ein
Schüler von Jean Cousin, welcher besonders für die
Lyoner Buchhändler Tourner und Bouville in den Jahren
1552 bis 1580 arbeitete, Moni, gleichfalls aus Lyon
gebürtig, P ie rr e M ar cha n d, JcauLeclerc, Chri-
stoph e von Savign», Pierre Palliot, Etienne
de Riviörc (s- in Dijon 1698), Jean und Jean
Nicolas Papillon aus Paris, Pierre, Vincent
und Nicolas Lesneur, alle drei ausNoucn: der lez-
tere, welcher im 18ten Jahrhundert lebte, hat eine große
Anzahl schöner Holzschnitte in helldnnkler Manier nach
den Zeichnungen Raphaels, Parmegianino's und anderer
italienischer Meister für das Kabinct des Herrn von
Crozat ausgeführt, welche sich durch Genauigkeit, Kor-
rektheit und Richtigkeit der Schnitte auszeichnen. Eli-
sabeth Lesueur, eine Verwandtin der ebengenannten Künst-
ler, rhar sich ebenfalls in der Holzschneidekunst hervor,
welche sogar eine Königin von Frankreich, Maria von
Medici, getrieben haben soll. Wenigstens erwähnt Pa-
pillen in dem historischen Theil seines Werks über die
Holzschneidekunst S. 26» eines Holzschnittes, das Brust-
bild einer römisch frisirten Dame verstellend, mit der
Unterschrift: Maria Medici a. 1587, und mit derBemer-
I kling am Rande: grave par la rayue Males au boucst
Register
Eduard Collow: Zur Geschichte der Holzschneidekunst in Frankreich (Forts.)
 
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