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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.4234#0033
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Landschaftsradierungen stärker als durch manche seiner
großen. Adolf Thomanns (Zürich) einfarbiger Holz-
schnitt war gut. Köstliche Bleistiftzeichnungen, die man
gern in Radierungen umgesetzt sähe, waren von Eugen
Kirchner eingesandt worden, weniger karikierte, kapri-
ziösere von Julius Diez, mit der Kohle breit und saftig
hingestrichene von Leo Samberger.

Im Mittelpunkt der XXIX. Ausstellung der Sezession
stand Ferdinand Schmutzer, über dessen Arbeiten der
letzten Jahre: Gemälde, Zeichnungen, vor allem aber
Radierungen man Heerschau halten konnte. Schon die
raffinierte Ausstattung des Ver sacrum-Zimmers, wo die
graphischen Arbeiten ausgestellt waren, tat alles, um zu
Gunsten des Künstlers einzunehmen; das warme Rot-
braun der politierten Rahmen, hie und da durch den Re-
flex einer Glasplatte oder den Glanz eines blanken Nickel-
beschlages pikant gehoben, und das satte Dunkelgrau
der Wände sowie der Untersatzpapiere stimmten aufs
vorteilhafteste zu den aus der Entfernung als breite
dekorative Flecke wirkenden knapp am Plattenrand
beschnittenen Radierungen. Bildnisse stadtbekannter
Persönlichkeiten wechselten mit malerischen Ansichten
aus niederländischen oder norddeutschen Städten, Riesen-
blätter, auf denen Licht und Schatten in gewaltigen
Massen gegeneinander stehen und ineinander über-
gehen, wechselten mit delikaten tonigen Blättchen, Ge-
schmack und Geschicklichkeit faszinierten, wohin immer
der Blick fiel. Neben Schmutzer traten alle anderen
Graphiker zurück. Charles Cottet, der als Maler auf der
Ausstellung gut vertreten war, hatte leider nicht allzu ge-
lungene Radierungen geschickt; die schwarzen sagten
noch mehr als die farbigen. Einen neuen Mann lernte
man in dem damals in Stuttgart lebenden Wiener
Wilhelm Legier kennen. Seine Radierungen, die von
ernster und liebevoller Versenkung in die Natur zeugen,
geben das Geschaute mit deutscher Gründlichkeit wieder,
die freilich manchmal zu weit geht und unübersichtlich
wird. Von Josef Stoitzner waren ein paar ganz gute
farbige Holzschnitte zu sehen. Ausgestellt waren auch
die beiden graphischen Mappen der Sezession mit guten,
aber keineswegs hervorragenden farbigen Lithographien
und Holzschnitten sowie Radierungen von Ferdinand
Andri, Rudolf Jettmar, Ferdinand Schmutzer,
Ernst Stöhr, Leopold Stolba, Otto Friedrich,
Alois Hänisch, Friedrich König, Ferdinand Kruis
und Maximilian Lenz.

Der Hagenbund ehrte bei seiner XXII. Ausstellung die
Graphik vor allem durch den schönen Katalog, den Rudolf
Junk, von dem auch sonst ein paar hübsche farbige Holz-
schnitte zu sehen waren, mit äußerst geschmackvollen
dekorativen Holzschnitten in Karmin und Schwarz ge-
schmückt hatte. Sonst verdienten die interessanten Arbeiten
(meist Radierungen, aber auch Holzschnitte) der beiden in
Paris lebenden Tschechen Franz Simon und Ferdinand
M ich 1 genannt zu werden; jener ist ein flotter Naturalist mit
viel Geschmack, besonders in der Farbenwahl, dieser ein die

Erscheinungen bis zur Grimasse verzerrender Karikaturist.
Von Max Svabinsky fanden sich nur Porträte vor, vier
mit der Feder gezeichnete und ein radiertes. Richard
Lux hatte zwei der Verherrlichung der Donau gewidmete
Triptychen in farbiger Radierung ausgestellt, von denen
namentlich die von 1906 datierte »Donau bei Krems und
Stein mit dem Blick auf Göttweih« eine wohlgelungene,
aller Achtung werte Arbeit ist. Ferdinand Gold hatte
auf guten Kaltnadelblättern Fuhrwerke aller Art dargestellt.
Von Rudolf Konopa waren helle und bunte Monotypien
voll vibrierenden Lichtes zu sehen, von August Roth
recht gute Radierungen, die flguralen besser als die land-
schaftlichen. In einem dem Ausstellungskatalog beige-
geb enen Heftchen erklärte Roth das von ihm erfundene,
eine rasche und bequeme Herstellung von Probedrucken
ermöglichende Kollodiumverfahren. Heinrich Leflers
und Josef Urbans Aquarelle für das Bilderbuch »Kling-
Klang-Gloria« zeigten all die wohlbekanntegezierteGrazie,
die man an den Kompagniearbeiten der beiden Künstler
so wohl kennt und doch immer wieder gern sieht.

Auf der XXIII. Ausstellung des Hagenbundes war
Michl besonders gut vertreten. Schwarzen und farbigen
Radierungen, Holzschnitten, Schabkunstblättern und
Monotypien gesellte sich das einen interessanten Menschen
verratende Selbstbildnis in Öl zu. Sonst waren abermals
gute Radierungen von Simon und Gold zu sehen. Der
Wiener Architekt Oskar Laske hatte flott radierte
Skizzen, Ferdinand Staeger aus Prag saubere, auch
durch ihren Gedankeninhalt interessierende Zeichnungen,
die Wienerin Grete Brzezowsky eine unbedeutende
farbige Lithographie beigesteuert.

Im Österreichischen Kunstverein waren im Frühjahr
1907 ziemlich belanglose Radierungen von JosefSteiner
ausgestellt.

Nachdem im Februar bei Miethke auf der dem Ge-
dächtnis Wilhelm Bernatziks gewidmeten Ausstellung
eine wenig hervorragende Lithographie des Künstlers zu
sehen gewesen war, gab es auf der im März und April
veranstalteten von Arbeiten Paul Gauguins auch Litho-
graphien und Holzschnitte dieses Künstlers, den die Snobs
darum, weil er ein eigenartiger Mensch war und ein un-
gewöhnliches Leben führte, auch für einen Bahnbrecher
in der Malerei halten. Seine farbigen Holzschnitte sahen
wie Vergrößerungen der bunten Bildchen auf Zündholz-
schachteln aus, die von den Südsee-Insulanern gern
gesammelt werden. Unter den impressionistischen Arbeiten,
die gleichzeitig in Miethkes Grabenlokal zu sehen waren
seien die feinen Radierungen Paul Signacs hervor-
gehoben. Sehr gut waren einige der Zeichnungen
Maximilien Luc es, gut die in dieser Umgebung fast
akademisch wirkenden Akte Theo Rysselberghes,
interessant die Pinselandeutungen Paul Marquets und
Henri Matisses, die beide — vergeblich — japanische
Vorbilder zu erreichen streben, sowie die gleichsam ver-
dampfenden Licht- und Schattenstudien von Georges
Seurat.
 
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