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genannte Grubenhäuser mit den Maßen 2,5 x 3,5-4m, die übersieh ein großes Satteldach hatten, dessen
Firstbalken auf zwei Pfosten in der Mitte der Schmalseiten der Häuser ruhten. Die Wände bestanden aus
Flechtwerk. Diese Pfosten waren rund 50 cm in den Boden eingelassen; ihre Löcher hoben sich durch die
dunklere Einfüllung deutlich vom gewachsenen helleren Boden ab. Wie man an einem karolingischen
Topf erkennen konnte, der in einem Pfostenloch gefunden wurde, kam es auch zur Verlegung von Hüt-
ten , die in der Regel gleichmäßig entweder von Südwest nach Nordost oder von Südost nach Nordwest ge-
ordnet waren. Die Hütten lagen regellos, Straßen oder Wege waren nicht zu erkennen. Zu einem Haus
gehörten außerhalb liegende Keller- oder Vorratsgruben und Feuerplätze. Ein Backofen, der wohl das
ganze Dorf mit Brot versorgte, wurde ebenfalls gefunden; von diesem war die Aufmauerung aus römi-
schen Quadern in acht Lagen erhalten, sein Boden war rot gebrannt. Daneben gab es auch noch eine Ge-
treideröstanlage, die noch in der schwarzen Asche verkohlte Getreidekörner enthielt und wohl der Bier-
herstellung diente. Nicht weit davon fand sich ein Brunnen, der in rundem Trockenmauerwerk aus Fluß-
geschiebe hochgemauert war. 3,70 m tiefer lag am Grund des Brunnens ein quadratischer Rahmen aus
Eichenbalken. Im Schlick des Grundes fanden sich noch die Reste eines Holzeimers und von Wassertöp-
fen. Der Brunnen wurde als „Karolinger-Brunnen" hochgemauert und sichtbar gemacht, um die Lage des
alten Hermsheim zu dokumentieren.

Überraschend war die Entdeckung eines 40 cm hohen und 50-60 cm breiten Sockels aus Trockenmauer-
werk. Der 40 cm eingetiefte ummauerte Raum bildete ein ungefähres Quadrat von rund 4m Seitenlänge,
an der Ostmauer gab es einen Eingang von 1,60 m lichter Breite mit breiten Schwellenplatten. Östlich da-
vor lag ein Vorraum mit gegengemauerten Wänden. Die Sichtfläche der Wände war mit Kalkbelag ver-
putzt, während dahinter Packwerk aus Flußgeschiebe lag. Ob es sich um die erste Hermsheimer Kirche
gehandelt hat?

Hermann Gropengießer konnte über 500 Kisten Fundgut sichern, das hauptsächlich
karolingisch-ottonische Keramik rheinischer Herkunft enthielt. Dazu kamen Webe-
gewichte, Spinnwirtel und Kinderrasseln aus Ton, ein Eisenschlüssel, eine Bronze-
nadel, ein Messer und ein kleines Steinbeilchen. Diese Funde erlauben einen Blick
in den Alltag vor tausend Jahren.48 Bei der Grabung im Jahr 1938 kam noch eine
weitere Reihe von Hausplätzen der gewohnten Art hinzu, sowie ein zweiter trocken
gemauerter Brunnen mit einem Holzrahmen im Brunnenschacht. Diesmal wurde
auch ein mit Kies bedeckter Weg mit zwei Gräben an den Seiten gefunden. Die Aus-
beute an Knochen und Scherben war reichlich.49

Nun bietet es sich natürlich an, in diesem Hermsheim das Dorf zu sehen, das zugun-
sten Neckaraus aufgegeben wurde. Doch ist dieser Vorgang erst nach 1200 anzuset-
zen, wohingegen kein Fund des karolingisch-ottonischen Hermsheims über das
zehnte Jahrhundert hinausreicht. Also muß es noch einen dritten Platz für das Dorf
des elften bis 13. Jahrhunderts gegeben haben. Dafür sprechen auch die Flurnamen
Hermsheimer Gerichtsstuhl und Hermsheimer Gerichtsstuhlweg, die wieder eine
Flur rund 1000 m südlich des Gewanns Hermsheimer Kirche bezeichnen. Leider ist
hier eine archäologische Sicherung nicht mehr möglich, da das Gelände vom Ran-
gierbahnhof verschlungen worden ist. Somit wäre eine zweimalige Verlegung
Hermsheims anzunehmen; eine dritte fand statt, als die Hermsheimer um 1250 nach
Neckarau zogen und ihre Gemarkung mit der Neckarauer vereinigten.

2.2. Die erste Lorscher Urkunde über Hermsheim

Die erste Erwähnung Hermsheims geschieht in der Urkunde vom 1. Mai 771, die im
Wortlaut folgt:50

Karolo rege. Gundelando abbate

In Christi nomine kl. maii anno III0 regni d(om)ni nostri Karoli regis ego Radulfus pro remedio anime
mee dono ad sanetum dei mrem. Nazarium qui requiescit in corpore in pago rinensi in monasterio Laures-
ham quod est construetum super fluuium Wisscoz, uel ad illam sanetam congregationem monachorum,
qui ibidem deo seruire uidentur, ubi uir uenerabilis Gundelandus abbas preesse dinoscitur, donatumque

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