Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kautzsch, Rudolf
Diebolt Lauber und seine Werkstatt in Hagenau — Stuttgart, 1895

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2170#0043
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
100 Diebolt Lauber und seine Werkstatt in Hagenau

der Feder gezeichneten Ornamentfeldern gebildet ist, steht der Buch-
stabe, ein B. Die doppelte Öffnung innerhalb des Buchstabenkörpers
ist mit ebensolchen kalligraphischen Ornamenten gefüllt. Von den
Ecken des Rechtecks gehen Ranken aus, welche das ganze Blatt ein-
säumen : oben und unten ein schlanker Stil mit Blättern mehr länglich
als schmal, vorn eine Stange, die aus einem phantastischen Blumen-
kelch aufsteigt, von Blättern leicht umwunden. Doch noch mehr, als
durch diese Form, fällt die Initialseite durch die Ausführung der
Zeichnung aus allem heraus, was die anderen Zeichner an entsprechender
Stelle bieten. Die ganze Zeichnung ist in gleichmässig feinen Linien
gezogen. Die Tinte ist blass und kommt in diesem Ton in keinem
der andern Bände, oder auch sonst in unserm Band wieder vor. Die
Farben sind hell und zart: Schilfgrün mit einem Strich ins Gelb, Rosa,
Blau (theilweise verwaschen), Zinnoberroth. Diese Farben füllen keines-
wegs den Umriss: in feinen parallelen Pinselstrichen werden Ranken
und Stile auf einer Seite, die Blätter von der Mittelrippe, aus nach
beiden Seiten modelliert.

Es bleibt kein Zweifel: keinem der vier an der Bibel thätigen
Arbeiter (A, B, G, J) ist diese in ihrer Gesammtwirkung höchst er-
freuliche Arbeit zuzutrauen. Aber auch C, D, F oder E können sie
nicht ausgeführt haben, denn theils kennen wir ganz anders geartete
Initialseiten von ihnen, theils schliesst die Art ihrer Federführung der-
gleichen aus. So werden wir auf K, Hans Schilling, hingeführt. Glück-
licherweise bietet die erste und zweite grosse Initialseite der Kolmarer
Chronik hinreichendes Beweismaterial und vier andere Hss. ergänzen
es noch. Da findet sich einmal, dass Schilling im kalligraphischen
Umspinnen und Ausspinnen grosser Buchstaben in verschiedener Tinte
seines Gleichen sucht. Sodann, dass er genau so das Blatt- und Stab-
werk zeichnet und modelliert, dass auch die Farben (besonders das
Schilfgrün) ganz so wiederkehren. Endlich, dass eben diese gelbliche
Tinte z. B. zur Zeichnung der Hamburger Bibel von ihm verwandt
wurde, während sonst nur noch ein einziger der Zeichner in der Werk-
statt dergleichen brauchte, der aber seines Stils wegen nicht in Be-
tracht kommt (M). Dass die gezogene Linienführung sehr wohl zu
Schilling passt, braucht nicht mehr erwähnt zu werden. Noch anführen
will ich, dass in sämmtlichen elsässischen Hss., soweit ich solche kenne,
nichts vorkommt, was entfernt mit dieser Initialseite und den Initial-
seiten Schillings verglichen werden könnte, ich meine natürlich nicht
der Schönheit, sondern dem Stil nach. Darnach trage ich kein Be-
denken, diese beschriebene Seite H. Schilling zuzuweisen.

Ich habe den Nachweis so umständlich geführt, weil hauptsäch-
lich diese und nächst ihr zwei ganz entsprechende Initialseiten in zwei
anderen Hss. die ganze Masse der Werke, die unter A bis J aufge-
führt wurden, mit den Werken Schillings verknüpfen und damit zu
Arbeiten der Lauberschen Werkstätte machen. Denn wenn auch sonst
eine ganze Reihe Fäden hinüber und herüber laufen (man denke an
H, an F, vor allem an die gleichen Gewohnheiten in der äussern An-
 
Annotationen