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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0166
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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus

Abb. 9: Seehof, Gern.
Memmelsdorf, Kr. Bamberg,
Schloss Seehof. Blick auf den
aus alten zurückgeschnittenen
und nachgepflanzten Linden
bestehenden Lindensaal, 2002.


rekonstruierte königliche Park begeisterte die Ge-
meinderäte. Vergleichbar könnte sich der Schlossgarten
von Seehof als touristischer Magnet ohnegleichen ent-
wickeln - und damit auch die strukturschwache
Gemeinde. Das ganz große Instandsetzungskonzept, das
in großen Teilen auf eine Rekonstruktion des Schloss-
parkes abzielte, wurde durch die fachliche Abstimmung
mit dem Generalkonservator und der Außenstellen-
leitung auf ein konservatorisches Konzept zurück-
geführt. Selbst dieses gartendenkmalpflegerisch erst
mal äußerst konservative, vom Alterswert und der
Erhaltung des vollkommen überalterten und durch-
gewachsenen Baumbestandes bestimmte Konzept fand
kaum Verständnis bei den Bau- und Kunstreferenten in
Seehof. Als Baumfrevler und Autobahnbauer, regelrecht
als Denkmalverräter wurden die Zuständigen nicht
selten in den Fachgesprächen abqualifiziert. Man woll-
te den als romantisch beschriebenen Zustand des Parkes
als das zu schützende und erhaltende Denkmal nicht
verlieren. Dass die gleichen Kollegen die Innenräume
und Fassaden von Kirchen und Bürgerhäusern oft nach
Befund restaurierten, Farbfassungen rekonstruieren und
als störend empfundene jüngere Zutaten entfernen
ließen, spielte hier keine Rolle. Doch vielleicht trugen
diese Diskussionen dazu bei, nicht einfach dem Rat der
Gartenkünstler zu folgen, und um der Wiedergewinnung
eines einheitlichen historischen Gartenbildes Willens
den überalterten Baum- und Heckenbestand einfach zu
roden und durch einheitliches Material zu ersetzen. Es
wurde nun doch um jeden Baum, um jede Hecke
gerungen. Nachpflanzungen in den Heckenreihen oder
in den Lindensälen sind sicher sehr problematisch, da
die Entwicklung der Pflanzen unterschiedlich verlaufen
und sie so im Winter nicht immer ein glückliches
Erscheinungsbild abgeben.
Als Stellvertreter von Baudirektor Hubert Bauch und
ab 1986 als Leiter der Außenstelle konnte ich auf einen
gartendenkmalpflegerisch eingeschlagenen Weg zu-

rückblicken, den ich nur konsequent weiter verfolgen
musste, um den Spagat zwischen konservieren und
rekonstruieren erfolgreich fortzusetzen. Ein bislang
fehlendes, umfangreiches Parkpflegewerk wurde - noch
vor dem wieder in den Schlossgarten 1989 einverleibten
Ostquartier - durch Helmut Wiegel und Rolf Kirsch
erstellt, das bis heute die Grundlage der Gartenpflege
darstellt.
Dass Neupflanzungen nicht immer die bessere
Alternative darstellen, lässt sich an den gartenrah-
menden Lindenalleen nachvollziehen. Schon die Aus-
wahl der Sorte war nicht unproblematisch. In Seehof
wurde auf Anraten der Experten die Tilia Intermedia
gewählt. Zumindest hier entwickelt sie ein unmäßiges
Wachstum und Blattgrößen, die eher an Platanen als an
Linden erinnern. Ein jährlicher, aufwendiger Kronen-
schnitt ist erforderlich. Die Stammentwicklung zur Kro-
nenbildung ist heute bereits unproportional. Darüber
hinaus neigen die Stämme zu erheblichen Rissbildun-
gen, die trotz sorgfältigster Pflege kaum in den Griff zu
bekommen sind. Ersatzpflanzungen in den Lindensälen
werden zukünftig aus Wurzelaustrieben gewonnen und
in der noch bestehenden Baumschule weitergetrieben,
um sie vielleicht in 15 oder 20 Jahren einzusetzen.
Erwähnung finden soll in unserem Bemühen um den
Schlossgarten die Wiederherstellung der Kaskade mit
ihren Wasserspielen. Dass auch diese Maßnahme denk-
malpflegerisch nicht unumstritten war und ist, soll nicht
verschwiegen werden. Die Kaskadenanlage war mit
einem Großteil des Figurenprogramms auf uns über-
kommen. Die metallenen Wasserleitungen waren aller-
dings seit 1803 ausgebeutet und die Wassertreppe seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts gewendet und zu einem
Steingarten mit alpinen Pflanzen verändert. Die von
Manfred Schuller und Gert Mader durchgeführte Bau-
forschung konnte die Kaskade in nahezu allen Teilen
nachweisen. Selbst die „trockene“ Konservierung des
Bestandes hätte nicht unerhebliche Eingriffe erfordert
 
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