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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Mühlen in Niedersachsen und Bremen — Petersberg: Imhof, Heft 40.2013

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Mühlenbestand in den Gemeinden (alphabetisches Register)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51161#0205
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Landkreis Nienburg/Weser

201

versehen Landesaufnahme von 1771 noch dargestellt,
jedoch nicht mehr auf dem Urmesstischblatt von
1896/99 Nr. 3519. Dort sind auf dem höchsten Punkt
der Geländekuppe etwa 100 m westlich des ehemali-
gen Bockwindmühlenstandorts zwei Hollän-
dermühlen verzeichnet. Die ältere der beiden, eine
Erdholländermühle, war ebenfalls eine Öl- und Grau-
penmühle, möglicherweise als Ersatz für die Bock-
windmühle gebaut, die einen weniger windgünstigen
Standort hatte. Die jüngere, ein Wallholländer mit
Durchfahrt, wurde als Kornmühle angelegt.
Wie überall, wo mehrere Mühlen in einem Ort relativ
dicht beieinander stehen, ist Streit vorprogrammiert
(vergleiche Martfeld). Besonders heikel ist die Lage,
wenn es, wie hier, keine herrschaftlichen Mühlen mit
einem durch den Mühlenzwang bestimmten Ein-
zugsbereich waren. Die Mühleneigentümer versuch-
ten abwechselnd durch Anlage neuer Produktions-
anlagen ihren Kundenkreis auf Kosten der Konkurren-
ten zu vergößern. Dokumentiert sind folgende
Ereignisse (Archiv der SG Uchte): Am 8. Juli 1806 rich-
tete der Müller Hermann Hinrich Hormann ein Gesuch
an den Landrat von Hugo, auf seiner Öl- und Grau-
penmühle den auf obrigkeitliche Anordnung beseitig-
ten Mahlgang (wahrscheinlich von Hormann
„schwarz" errichtet) wieder einrichten zu dürfen. Im
Dezember 1810 während der „Franzosenzeit" stellte
der Maire (Bürgermeister) von Uchte eine Konzession
für diesen Mahlgang in Aussicht, sobald das „Patent-
steuergesetz" in Kraft getreten sei. Der Code Napo-
leon brachte zwar die Gewerbefreiheit, mit dem
Patentsteuergesetz allerdings auch eine erhebliche
Besteuerung neu angemeldeter Gewerbe. Die Geneh-
migungsbehörden suchten alle möglichen Gründe,
um Genehmigungen auf „die lange Bank zu schie-
ben". Hier war es der Verweis auf ein noch ausste-
hendes Gesetz. Die traditionell restriktive Haltung
mag noch durch die Hoffnung bestärkt worden sein,
dass der „Franzosenspuk" bald vorbei sei. Ein neuer
Mahlgang auf der Öl- und Graupenmühle konnte den
Wassermüller am Rottbach nicht gleichgültig lassen.
Er selbst erweiterte allerdings erst 1838 nach mehrfa-
chen Anträgen an die Landdrostei in Stolzenau um
einen weiteren Mahl- und einen Graupengang. Der
1842 wiederholte Antrag auf Anlage eines Ölgangs
wurde aber abgelehnt. Die gegenseitigen Sticheleien
gingen weiter. 1847 verklagte der Windmüller den
Wassermüller wegen „Entzug des Windes" durch
dessen Baumbestand in der Hauptwindrichtung vor
der Windmühle, im Jahr 1848 klagte der
Wassermüller den Windmüller wegen angeblicher
finanzieller Forderungen an. Immerhin fanden die bei-
den Streithähne aber zusammen, wenn es um die
Abwehr auswärtiger Konkurrenz ging oder um die
Erweiterung des gemeinsamen Einzugsbereichs ihrer
Mahlkunden. Im Februar 1839 lehnte die Königlich-
Hannoversche Landdrostei einen Antrag der beiden

ab, die Einwohner von Halle, Westenfeld und Glissen
zu verpflichten, nur auf „inländischen" Mühlen mah-
len zu lassen. „Inländische" Mühlen waren hannover-
sche Mühlen, also die in Harrienstedt. Einwohner der
drei Dörfer haben vermutlich wegen des geringeren
Mahllohns im benachbarten Preußen mahlen lassen
(Abb. Grenzstein). Im Februar 1841 gab es eine
Streitsache zwischen den beiden Harrienstedter
Müllern einerseits und dem Erbzinsmüller Meiersiek


Raddestorf-Harrienstedt, Wassermühle Harrienstedt. Rechts:
Vorgerinne, Steg, Rechen und Radhaus, 1998


Raddestorf-Harrienstedt, ehemalige Hormann'sche
Windmühlen. Rechts die Öl- und Graupenmühle, links die
Kornmühle, vor 1920 (Archiv H. Hormann, Harrienstedt)
 
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