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Allgemeine theologische Bibliothek — 4.1775a

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[Recensionen]
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[Recensionen LXXXIX-LXXXXIII]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22489#0263
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Im §. 12. kommt er auf die Frage: wie wird
aber der christliche Liederdichter den Catechismuschri-
sten auf dem Lande verständlich werden, wenn gewisse
Lehren, die von Luthern an bis hieher geglaubt wori»
den, gar nicht hineingebracht werden sollen? Und
diese Frage würden wir ohngefthr auf folgende Art
beantworten. Man muß bey allen Lehrsätzen, die in
Liedern vorgetragen werden sollen, allezeit drey Er-
fordernisse vorauesetzen: i) Faßlichkeit, r) entschie-
dene Wahrheit, g) Nothwendigkeit, oder welches
eben soviel ist, Nutzbarkeit. Lehrsätze, wenn sie auch
seit Anfang der Welt geglaubt worden sind, die nicht
diese drey Eigenschaften haben, und zwar alle drey
zugleich haben, gehören nicht in die Volkslieder. Alles
was der Dichter geistlichen Liedern cinverleibt, muß
faßlich seyn. Es muß sich etwas Bestimmtes dabey
und ohne Mühe denken lassen. Es muß so be-
schaffen seyn, daß auch der gemeinste Verstand, so
bald er den Ausdruck hört, auch gleich einen Hellen Be-
grif davon hat. Aber nicht genung. Es muß auch
entschiede Wahrheit seyn; nicht etwa nur in
dem Verstände, wiefern diejenigen Lehrer der Kirche,
die von Zeit zu Zeit bey entstandenen Disputen die
Oberhand behalten haben, sie festgesetzt haben ; son-
dern wiefern es mit dürren Worten in der Bibel steht,
und ohne alle logikalische Spitzfindigkeit von jedem,
ohne Kunst und Mühe, herausgebracht werden kann.
Und so wird z.B. Ebenbild, Erbsünde und derglei-
chen Zeuge mehr von selbst wegfallen. Endlich aber
muß die Wahrheit auch notwendige und nutzbare
Wahrheit seyn, d. h. sie muß wirklich im Stande
feyu,

Geistliche Lieder. 255
men richtig, nur daß er es mit einer ermüdenden Weits
läuftigkeit erwiesen hat.
 
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