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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 26.1901

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Wiegand, Theodor: Inschrift aus Kyzikos
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https://doi.org/10.11588/diglit.41307#0135
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INSCHRIFT AUS KYZIKOS

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mitgeteilten Abklatsch. Der Stein soll inzwischen zertrüm-
mert worden sein. Er war mindestens 120 .cm hoch und 50 cm
breit. Zweifelhaft ist, ob die Inschrift der Rückseite die direkte
Fortsetzung der Vorderseite bildet, da wir nicht wissen, ob
der Stein zu mehreren Platten gehörte oder einzeln stand.
Die Inschrift gehört in das elfte Amtsjahr des Hipparchen
Chaireas, aus dessen siebentem und achtem Jahre zwei in
Hadrianische Zeit fallende Listen bekannt sind [Athen. Mitt.
1881, 47 ff.).
Die Fassung der Praescripta liefert die Bestätigung der von
J. H. Mordtmann angezweifelten Vermutung Böckhs, unter
dem αρχών C1G 3663 A 4, 3664, 27 und 60 sei der καλλιάρχων
zu verstehen. Die durch unsere Inschrift gesicherte, voll aus-
geschriebene Bezeichnung κάλλιον bedeutet den Ort, wo das
noch nicht ganz erklärte καλλιάζειν oder καλλίζειν geschah, das
nach Ablauf des eigentlichen Prytaniemonats den betreffenden
beiden Phylen noch einen weiteren Monat oblag. In Athen
hiess κάλλιον ein Gerichtshof, ein heiliger Ort, der auch τέμενος
genannt wurde (Böckh CIG II S. 921). Auch hier an eine
Gerichtsstätte zu denken würde eine Absonderung der richter-
lichen Funktionen vom eigentlichen Prytanenamt zur Voraus-
setzung haben. Da diese Scheidung eine nur zeitliche ist, so
könnte man sie wohl als aus praktischen Gründen in einer
volk- und prozessreichen Seestadt eingeführt denken.
Über die Phylen von Kyzikos hat Böckh zu CIG 3663 ausführ-
lich gehandelt. Er kannte nur sechs alte jonische, heute ken-
nen wir acht Phylen1 und finden Löllings Vermutung bestätigt,
dass Σεβαστείς und ΊοηλεΤς, die zuletzt hinzugekommenen, wohl
die cives Romani enthaltenden Phylen, zusammen in der Pry-
tanie fungierten, wie immer je zwei der sechs älteren Phylen.
Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass Kyzikos schon in älte-
rer Zeit acht oder mehr Phylen hatte und dass bei den Namen
Σεβαστείς und ΊουλεΤς Umnennungen älterer Phylen vorliegen.

Konstantinopel.

Th. Wiegand.

1 T. H. Mordtmann Athen. Mitt. 1885, 202 schliesst aus der dort veröffent-
lichten Inschrift auf neun Phylen im ganzen.
 
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