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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 26.1901

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Pfuhl, Ernst: Alexandrinische Grabreliefs
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https://doi.org/10.11588/diglit.41307#0279
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ALEXANDRINISCHE GRABRELIEFS

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mit Kopflehne, zwei Kissen und herabhängender Decke sitzt
nach links gewendet eine Frau, deren Füsse auf einer profilier-
ten Fussbank ruhen. Sie trägt den gegürteten Chiton und um
die Beine einen Mantel, dessen Enden über die Bettkante her-
abfallen. Den Oberkörper dreht sie zurück und legt den linken
Arm einem kleinen Mädchen um die Schulter, das zu ihr auf-
blickend den rechten Arm stützend um ihren Rücken legt. In
der linken Hand hält es einen undeutlichen Gegenstand, wohl
eine Kanne. Die Mutter wendet ihm den Kopf so zu, dass er in
ein Viertel rechter Seitenansicht nach links geneigt erscheint.
Mit dem rechten Arm umfasst sie den Rücken einer grösseren
Tochter, deren Oberkörper über den Oberschenkeln der Mutter
erscheint. Das Mädchen umschlingt mit beiden Armen den
Hals der Mutter und lehnt sich zu ihr aufblickend zurück, um
sie zu halten. Beide Mädchen tragen den einfachen Chiton der
Kinder; die ältere trägt Melonenfrisur, die jüngere halbkurzes
Haar. Die Haartracht der Mutter scheint bezeichnend alexan-
drinisch zu sein, vergl. Nr. 15. Das Haar ist in der Mitte ge-
scheitelt und nach beiden Seiten herabgelassen ; in Kehlhöhe
ist es zu einem breiten lockeren Bausche aufgenommen. Wie
es untergesteckt und welche Lösung für den hinteren Abschluss
gewählt war, muss unentschieden bleiben, bis sich in der Gross-
plastik ein ganz zutreffendes Beispiel findet. Vielleicht ist hier
die griechische Umbildung einer ägyptischen Haartracht zu er-
kennen h Trotz der unvollständigen Erhaltung übt das Relief
wie durch die geschlossene Composition so durch die ausdruck-
volle Darstellung eine starke Wirkung aus. Das Nachgeben des
Körpers, den die Kinder, das eine haltend, das andere stützend,
kaum am Umsinken verhindern können, das wie unfreiwillig zur
Seite sich senkende Haupt, die schmerzlich hochgezogenen
Brauen, das sich lösende Haar — alles zeigt deutlich den nahen-
den Tod. Sterbescenen finden sich auch auf attischen Grabre-
liefs— vergl. Nr. 6 — aber auf keinem ist der Ausdruck ähnlich
vertieft, keines zeigt ein so gleichmässiges, zwar zurückhalten-

1 Ähnlich, doch durch ein straffes Einziehen des Bausches anders in der Wir-
kung, sind bekannte Haartrachten römischer Damen aus dem dritten Jahrhun-
dert n. Chr.
 
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