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MAX OHNEFALSCH-RICHTER
sere beiden Köpfe gehören, vermag ich heute, 30 Jahre nach
ihrer Entdeckung, nicht mehr anzugeben. In meinem Kypros,
Bibel und Homer habe ich in Capitel 1 bei der Entdeckungs-
geschichte des Heiligtums von Frangissa die Schwierigkei-
ten beschrieben, mit denen ich zu kämpfen hatte. In 18 Ta-
gen, vom 17. Oktober bis zum 2. November 1885, war die
Ausgrabung des heiligen Bezirks vor dem jeden Tag zu er-
wartenden, schweren Herbstregen zu bewältigen. Denn dieser
Regen, der auch wenige Tage später fiel, hätte in dem Fluss-
tale, fern von jeder Strasse, die Fortsetzung der Ausgrabung,
die Bergung und den Transport der Altertümer selbst auf
Kamelen im lehmigen Gelände und Morast unmöglich ge-
macht. Auch durfte ich die Ausgrabungen nicht auf die Zeit
nach den Regengüssen verschieben, weil inzwischen die Bau-
ern der umliegenden Ortschaften den mit Hunderten von
Bildwerken angefüllten heiligen Bezirk geplündert hätten.
So musste ich mich begnügen, in den Plan des Weihge-
schenk-Raumes die in situ gefundenen Basen der Bildwerke
und die genauen Fundstellen der allerwichtigsten Statuen
und der beiden Marmoraltäre mit bilinguen, griechisch-
kyprisch -syllabaren und phoenikischen Inschriften einzu-
tragen ; ich kann demnach nur bestätigen, dass die beiden
Thonköpfe innerhalb des Temenos ausgegraben wurden.
Dasselbe gilt für die beiden auf Taf. XI und XII nach
den für mich gemachten ManselPschen Photographien abge-
bildeten Kalksteinköjife aus Frangissa, heute ebenfalls im
Britischen Museum. Man sieht auf den ersten Blick, dass
es mittelmässige archaisch-griechische Skulpturen, und zwar
wiederum local kyprische Arbeiten zu sind.
Wie ich durch jahrelange Grabungen feststellen konnte,
herrschte im alten Kypros die Sitte, in den Heiligtümern
der Götter nur männliche Bildwerke, in denen der Göttinen
nur weibliche aufzustellen. Die seltenen Ausnahmen bestäti-
gen nur die Regel. So ergab der Apollon-Bezirk in Frangissa
bis auf ganz wenige Ausnahmen nur männliche Statuen,
jedoch ausserdem einige männliche mit mehr weiblich als
männlich gebildeten und frisierten Köpfen und fast weib-
MAX OHNEFALSCH-RICHTER
sere beiden Köpfe gehören, vermag ich heute, 30 Jahre nach
ihrer Entdeckung, nicht mehr anzugeben. In meinem Kypros,
Bibel und Homer habe ich in Capitel 1 bei der Entdeckungs-
geschichte des Heiligtums von Frangissa die Schwierigkei-
ten beschrieben, mit denen ich zu kämpfen hatte. In 18 Ta-
gen, vom 17. Oktober bis zum 2. November 1885, war die
Ausgrabung des heiligen Bezirks vor dem jeden Tag zu er-
wartenden, schweren Herbstregen zu bewältigen. Denn dieser
Regen, der auch wenige Tage später fiel, hätte in dem Fluss-
tale, fern von jeder Strasse, die Fortsetzung der Ausgrabung,
die Bergung und den Transport der Altertümer selbst auf
Kamelen im lehmigen Gelände und Morast unmöglich ge-
macht. Auch durfte ich die Ausgrabungen nicht auf die Zeit
nach den Regengüssen verschieben, weil inzwischen die Bau-
ern der umliegenden Ortschaften den mit Hunderten von
Bildwerken angefüllten heiligen Bezirk geplündert hätten.
So musste ich mich begnügen, in den Plan des Weihge-
schenk-Raumes die in situ gefundenen Basen der Bildwerke
und die genauen Fundstellen der allerwichtigsten Statuen
und der beiden Marmoraltäre mit bilinguen, griechisch-
kyprisch -syllabaren und phoenikischen Inschriften einzu-
tragen ; ich kann demnach nur bestätigen, dass die beiden
Thonköpfe innerhalb des Temenos ausgegraben wurden.
Dasselbe gilt für die beiden auf Taf. XI und XII nach
den für mich gemachten ManselPschen Photographien abge-
bildeten Kalksteinköjife aus Frangissa, heute ebenfalls im
Britischen Museum. Man sieht auf den ersten Blick, dass
es mittelmässige archaisch-griechische Skulpturen, und zwar
wiederum local kyprische Arbeiten zu sind.
Wie ich durch jahrelange Grabungen feststellen konnte,
herrschte im alten Kypros die Sitte, in den Heiligtümern
der Götter nur männliche Bildwerke, in denen der Göttinen
nur weibliche aufzustellen. Die seltenen Ausnahmen bestäti-
gen nur die Regel. So ergab der Apollon-Bezirk in Frangissa
bis auf ganz wenige Ausnahmen nur männliche Statuen,
jedoch ausserdem einige männliche mit mehr weiblich als
männlich gebildeten und frisierten Köpfen und fast weib-