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DIE SCHACHTGRÄBER VON MYKENAI

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Relief1, und an diese reihen sich die wunderbaren Klingen
mit eingelegten Schmuckplatten2. Es ist hier nicht der Ort,
auf Technik und Darstellungen dieser Meisterstücke kretischer
Waffen- und Goldschmiede näher einzugehen (unten Cap. XII).
Sie stehen allein, nur eine Dolchklinge aus Vaphio (’Etp. dp^.
1889, Taf. 10, 7) und eine angeblich auf Thera gefundene3
lassen sich ihnen vergleichen. Was Kreta bisher an kostbaren
Waffen geliefert hat (Evans, Prehist. Tombs 105 ff.) ist viel
jünger und geringer. Die Länge der Dolche entspricht etwa
dem kretischen Normalmaass und bewegt sich zwischen
ziemlich engen Grenzen (etwa 0,25-32 m). Ungewöhnlich lang
ist der Greifendolch (V 747: 0,43 m), ein als Waffe kaum
brauchbares Miniaturexemplar V 749 (0,12 m).
. Ein einzigartiges Prachtstück minoischer Toreutik ist
auch IV 294-405 (Taf. XIX 3; Schl. 330, Abb. 451-2; Stai's S. 49,
dort zuerst richtig erklärt). Das Heft läuft in zwei Adlerköpfe
aüs, welche die oben gerundete, ins Heft eingefalzte Klinge
mit den Schnäbeln festhalten. Sowohl die Schuppen des Heftes
wie die Sternblüten des Griffes bestehen aus Bergkristall und
Lapislazuli in goldener Zellenfassung; der Knauf ist leider ver-
loren. Form und Technik erinnern an ägyptische Dolche4,
aber unser Exemplar ist eine freie Neuschöpfung bester minoi-
scher Kunst, den fremden Vorbildern an Schönheit weit über-
legen. Parallelen dazu fehlen bisher im aegaeischen Kreise.
Die übrigen Dolche der Schachtgräber hatten wohl meist
1 IV 396. V 736: Spiralen. V 747: laufende Greifen, Geislinger Kata-
log S. 15; [Bossert, Altkreta3 Abb. 287. 294], Diese verzierten Klingen zeigen
eine wohl etwas jüngere Form mit leicht concaven Schneiden, die sich
oben in stärkerem Bogen erweitern, und vier Heftnägeln statt den bisher
üblichen dreien. Selten sind an diesen Dolchen Mittelrippen (V 746 glatt,
736 mit Spiralbäudern in flachstem Relief).
3 IV 394: Löwenjagd. 395: Löwen. V 744: Spiralnetz. 764: Lilien. 765:
'Nillandschaft’; Perrot-Chipiez VI Taf. 17-19; Winter, Kunstgesch. in Bil-
dern I 3 Taf. 1 und sonst oft abgebildet.
a Mem. d. Antiq. du Nord 1872-77, Taf. 8; Perrot-Chipiez VI 794. [Dazu
zwei schöne Dolche vom argivischen Heraion, A. J. A. 1925, 425 f.].
4 Fouilles de Dahchour Taf. 6; v. Bissing, Ein theban. Grabfund Taf. 2;
Winter, a. a. O. Taf. 1; [auch M. Rosenberg, Aegypt. Einlagen 11; Bossert,
Altkreta’ Abb. 268-9].
 
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