Das Dionysion in den Limnai und das Lenaion 85
Ich mußte diese längere Darstellung des Zweckes und der Ergebnisse
meiner Grabungen am Westabhange der Akropolis geben, um dem Leser
meine große Überraschung und Enttäuschung begreiflich zu machen,
als ein jüngerer Fachgenosse, A. Frickenhaus, noch vor dem Kriege
plötzlich einen energischen Angriff gegen mein Dionysion in den Sümpfen
unternahm (AM. XXXVI 1911, 113). Der von mir ausgegrabene Bezirk
mit seiner Kelter, so erklärte er bestimmt, habe nichts mit dein Gott
Dionysos zu tun, sondern sei das berühmte Heiligtum des Herakles in
Melite, das man bisher vergeblich gesucht habe. Gerade wegen der Kelter
und des vermeintlichen Altartisches, so behauptete er, könne der aus-
gegrabene Bezirk unmöglich das Dionysion in den Sümpfen sein! Seine
Beweisführung sei bindend; jede Ausflucht sei unmöglich!
Da Frickenhaus mir seine Arbeit vor dem Drucke freundlichst zuge-
sandt hatte, konnte ich noch vor der Veröffentlichung die Unhaltbarkeit
der neuen Theorie erkennen und unternahm daher den Versuch, ihn
brieflich von den Irrtümern und Mängeln seiner Beweisführung zuüber-
zeugen. Besonders wies ich ihn auf seine falsche Erklärung der sogleich
zu besprechenden Worte des Demosthenes hin und auf seine unrichtige
Ergänzung des ausgegrabenen Altarunterbaues und glaubte ihm damit
die ungenügende Tragfähigkeit der beiden wichtigsten Grundsteine seiner
neuen Theorie gezeigt zu haben. Mein Versuch scheiterte aber gänzlich.
Frickenhaus hielt nicht nur seine Beweisführung aufrecht, sondern be-
hauptete sogar, daß er durch meine Gegengründe in seiner Ansicht nur
bestärkt worden sei!
Unter diesen Umständen verzichtete ich selbst zunächst auf eine
öffentliche Entgegnung, in der zuversichtlichen Hoffnung, daß irgend ein
unparteiischer Fachgenosse sich zugunsten meines Dionysions zum Wort
melden würde. Zu meinem lebhaften Bedauern ist das bisher meines
Wissens nicht der Fall gewesen. Vielmehr sind einige Gelehrte brieflich,
andere sogar öffentlich fiir die These meines Gegners eingetreten. So
erklärte E. Petersen (Rhein. Mus. 1913, 239 und 246) die Umdeutung
meines Dionysions zu einem Herakleion für ‘anziehend’ und verteidigte
nochmals seine von mir bekämpfte Ansetzung des thukydideischen
Dionysions im Süden der Stadt. So ist neuerdings auch mein früherer
Mitarbeiter bei den Grabungen am Westabhange der Burg, Alfred Körte,
in einer Besprechung des Theaterbuches von Frickenhaus (Gött. Gel. Anz.
Ich mußte diese längere Darstellung des Zweckes und der Ergebnisse
meiner Grabungen am Westabhange der Akropolis geben, um dem Leser
meine große Überraschung und Enttäuschung begreiflich zu machen,
als ein jüngerer Fachgenosse, A. Frickenhaus, noch vor dem Kriege
plötzlich einen energischen Angriff gegen mein Dionysion in den Sümpfen
unternahm (AM. XXXVI 1911, 113). Der von mir ausgegrabene Bezirk
mit seiner Kelter, so erklärte er bestimmt, habe nichts mit dein Gott
Dionysos zu tun, sondern sei das berühmte Heiligtum des Herakles in
Melite, das man bisher vergeblich gesucht habe. Gerade wegen der Kelter
und des vermeintlichen Altartisches, so behauptete er, könne der aus-
gegrabene Bezirk unmöglich das Dionysion in den Sümpfen sein! Seine
Beweisführung sei bindend; jede Ausflucht sei unmöglich!
Da Frickenhaus mir seine Arbeit vor dem Drucke freundlichst zuge-
sandt hatte, konnte ich noch vor der Veröffentlichung die Unhaltbarkeit
der neuen Theorie erkennen und unternahm daher den Versuch, ihn
brieflich von den Irrtümern und Mängeln seiner Beweisführung zuüber-
zeugen. Besonders wies ich ihn auf seine falsche Erklärung der sogleich
zu besprechenden Worte des Demosthenes hin und auf seine unrichtige
Ergänzung des ausgegrabenen Altarunterbaues und glaubte ihm damit
die ungenügende Tragfähigkeit der beiden wichtigsten Grundsteine seiner
neuen Theorie gezeigt zu haben. Mein Versuch scheiterte aber gänzlich.
Frickenhaus hielt nicht nur seine Beweisführung aufrecht, sondern be-
hauptete sogar, daß er durch meine Gegengründe in seiner Ansicht nur
bestärkt worden sei!
Unter diesen Umständen verzichtete ich selbst zunächst auf eine
öffentliche Entgegnung, in der zuversichtlichen Hoffnung, daß irgend ein
unparteiischer Fachgenosse sich zugunsten meines Dionysions zum Wort
melden würde. Zu meinem lebhaften Bedauern ist das bisher meines
Wissens nicht der Fall gewesen. Vielmehr sind einige Gelehrte brieflich,
andere sogar öffentlich fiir die These meines Gegners eingetreten. So
erklärte E. Petersen (Rhein. Mus. 1913, 239 und 246) die Umdeutung
meines Dionysions zu einem Herakleion für ‘anziehend’ und verteidigte
nochmals seine von mir bekämpfte Ansetzung des thukydideischen
Dionysions im Süden der Stadt. So ist neuerdings auch mein früherer
Mitarbeiter bei den Grabungen am Westabhange der Burg, Alfred Körte,
in einer Besprechung des Theaterbuches von Frickenhaus (Gött. Gel. Anz.