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Wilhelm Dörpfeld
Statuen der Tyrannenmörder standen, und für das Odeion des Agrippa
(Judeich, Topogr. 312), das nach Pausanias der Enneakrunos und damit
auch unserem Bezirk nahe lag (AM. XVII 1892, 252). Wenn ferner der-
selbe Perieget erzählt, daß Keramos, der Heros des Demos Kerameikos,
der Sohn des Dionysos und der Ariadne gewesen sei, so liegt es nahe, diese
mythologische Kombination mit der Tatsache in Verbindung zu bringen,
daß dieser Demos vielleicht gerade bei unserem Dionysion begann, in
dessen 'Nähe alljährlich die Hochzeit des Dionysos gefeiert wurde. Ich
gebe aber zu, daß die Zuteilung unseres Bezirks zum Demos Kerameikos
aus dem Grunde zweifelhaft bleiben muß, weil der spätere Kerameikos
als Agora sich im Süden nicht mit dem Demos Kerameikos zu decken
braucht. Ich selbst habe früher auch an die Zuteilung unseres Bezirks
zum Demos Kollytos gedacht, von dem überliefert ist, daß er unmittelbar
an Melite stieß (Strabon 66), doch ist sie nicht beweisbar.
Da wir somit nicht sicher wissen, zu welchem Demos unser Bezirk
gehörte, so darf die nur mögliche Zugehörigkeit zu Melite von Frickenhaus
nicht als Stütze für seine Herakleion-Theorie angeführt werden. Das
Herakleion von Melite wird wohl in Wirklichkeit dort gelegen haben, wo
die meisten Topographen Athens es bisher angenommen haben: hoch
über unserem Dionysion in der Nähe des Volksversammlungsplatzes der
Pnyx.
II. Das Lenaion.
Nachdem Frickenhaus unseren Bezirk am Westabhange der Akro-
polis für das Herakleion in Melite erklärt hatte, mußte er das Dionysion
in den Limnai und das Lenaion, die ich in unserem Bezirk und in dem
Kelterplatz in seiner nördlichen Umgebung erkenne, an einer anderen
Stelle der Stadt unterbringen. Wo das Dionysion anzusetzen sei, wagt
er nicht bestimmt zu sagen, sondern beschränkt sich auf die allgemeine
Angabe, daß es im Süden der Burg gelegen haben müsse. Das Lenaion
trennt er ganz von ihm, wie er auch den Dionysos Lenaios von dem
Limnaios scheidet, und glaubt es mit Bestimmtheit außerhalb der Stadt
vor dem Dipylon suchen zu diirfen.
Beide Ansetzungen und dazu auch die Trennung der beiden Dionysoi
halte ich für unhaltbar. Für das Dionysion in den Sümpfen wählt er den
Süden der Burg lediglich auf Grund seiner unrichtigen Deutung der oben
Wilhelm Dörpfeld
Statuen der Tyrannenmörder standen, und für das Odeion des Agrippa
(Judeich, Topogr. 312), das nach Pausanias der Enneakrunos und damit
auch unserem Bezirk nahe lag (AM. XVII 1892, 252). Wenn ferner der-
selbe Perieget erzählt, daß Keramos, der Heros des Demos Kerameikos,
der Sohn des Dionysos und der Ariadne gewesen sei, so liegt es nahe, diese
mythologische Kombination mit der Tatsache in Verbindung zu bringen,
daß dieser Demos vielleicht gerade bei unserem Dionysion begann, in
dessen 'Nähe alljährlich die Hochzeit des Dionysos gefeiert wurde. Ich
gebe aber zu, daß die Zuteilung unseres Bezirks zum Demos Kerameikos
aus dem Grunde zweifelhaft bleiben muß, weil der spätere Kerameikos
als Agora sich im Süden nicht mit dem Demos Kerameikos zu decken
braucht. Ich selbst habe früher auch an die Zuteilung unseres Bezirks
zum Demos Kollytos gedacht, von dem überliefert ist, daß er unmittelbar
an Melite stieß (Strabon 66), doch ist sie nicht beweisbar.
Da wir somit nicht sicher wissen, zu welchem Demos unser Bezirk
gehörte, so darf die nur mögliche Zugehörigkeit zu Melite von Frickenhaus
nicht als Stütze für seine Herakleion-Theorie angeführt werden. Das
Herakleion von Melite wird wohl in Wirklichkeit dort gelegen haben, wo
die meisten Topographen Athens es bisher angenommen haben: hoch
über unserem Dionysion in der Nähe des Volksversammlungsplatzes der
Pnyx.
II. Das Lenaion.
Nachdem Frickenhaus unseren Bezirk am Westabhange der Akro-
polis für das Herakleion in Melite erklärt hatte, mußte er das Dionysion
in den Limnai und das Lenaion, die ich in unserem Bezirk und in dem
Kelterplatz in seiner nördlichen Umgebung erkenne, an einer anderen
Stelle der Stadt unterbringen. Wo das Dionysion anzusetzen sei, wagt
er nicht bestimmt zu sagen, sondern beschränkt sich auf die allgemeine
Angabe, daß es im Süden der Burg gelegen haben müsse. Das Lenaion
trennt er ganz von ihm, wie er auch den Dionysos Lenaios von dem
Limnaios scheidet, und glaubt es mit Bestimmtheit außerhalb der Stadt
vor dem Dipylon suchen zu diirfen.
Beide Ansetzungen und dazu auch die Trennung der beiden Dionysoi
halte ich für unhaltbar. Für das Dionysion in den Sümpfen wählt er den
Süden der Burg lediglich auf Grund seiner unrichtigen Deutung der oben