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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 47.1922

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Dörpfeld, Wilhelm: Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland: (Athen, Oropos, Eleusis, Korinth, Tiryns, Olympia, Thermos, Leukas-Ithaka, Kerkyra)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29497#0038
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Wilhelm Dörpfeld

z. B. protokorinthische Topfscherben, kamen dagegen nicht nur zwischen
den drei Fußböden vor, sondern vereinzelt auch noch unter dem Boden
des 1. Tempels. So ist auch die von P. Steiner veröffentlichte Bronze-
statuette eines schlanken, umgürteten Mannes mit Bart und Helm (Athen.
Mitt. 1906, 219; 1908, 186), die sich unmittelbar an Figuren des geo-
metrischen Stiles anschließt, aber den orientalischen Einfluß in ihrer
‘Etagenperücke’ deutlich zeigt, noch unter der Brandschicht des 1. Tem-
pels im Opisthodom gefunden worden, und ebenfalls lag die wichtige
Löwenklaue aus Mergelkalk (Ath. Mitt. 1906, 210), die höchstwahrschein-
lich zum Throne des altertümlichen Kultbildes der Hera gehört und schon
durch den dargestellten Gegenstand ihre Beziehung zum Orient verrät, in
jener Brandschicht des 1. Tempels, die wir damals leider noch nicht als
Boden eines älteren Tempels erkannt hatten. Nach der von Furtwängler
aufgestellten und jetzt herrschenden Ansicht sollen diese Kunstgegen-
stände noch der 2. Hälfte des VIE Jahrhunderts angehören und mit
ihnen auch alle im Tempel gefundenen protokorinthischen Vasenscherben.
Das ist aber nach den jetzt aufs Neue festgestellten Tatsachen der Tempel-
geschichte, über die ich sogleich berichten werde, vollkommen unmöglich.

Damit sttirzt der Furtwänglersche Aufbau der griechischen Kunst-
geschichte, der uns nach der Zeit der hohen orientalisch-mykenischen
Kunst eine Epoche primitiver, rein geometrischer Kunst zeigt und erst
nach einer etwa 400 jährigen Pause wieder eine vom Orient beeinflußte
griechische Kunst, wie ein Kartenhaus rettungslos zusammen. Die ‘geo-
metrische Periode’ des E Jahrtausends, die vom XE bis VIII. Jahr-
hundert gereicht haben soll, hat es gar nicht gegeben. Die orientalisch-
griechische Kunst, namentlich die protokorinthische rückt vielmehr un-
mittelbar an die mykenische heran, und bildet daher die Fortsetzung
dieser Kunst, die ihren orientalischen Ursprung nicht verbergen kann und
zwar in einem Teile von Kreta geherrscht hat, aber keineswegs dort
entstanden ist. Die mykenische Kunst halte ich, wie ich oben schon aus-
sprach, für die phönikische Kunst des II. Jahrtausends; die bekannte
spätere phönikische Kunst gehört erst dem I. Jahrtausend an. Jene
kam besonders von Sidon, die jüngere besonders von Tyros. Die proto-
korinthische Kunst war anfangs phönikisch und ist erst allmählich grie-
chisch geworden; sie ist eine direkte Tochter der mykenischen Kunst.

Der orientalische Import nach Griechenland, den Homer für die
 
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