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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 47.1922

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Dörpfeld, Wilhelm: Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland: (Athen, Oropos, Eleusis, Korinth, Tiryns, Olympia, Thermos, Leukas-Ithaka, Kerkyra)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29497#0039
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Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland

3a

Zeit des trojanischen Krieges, also für das XII. Jahrtausend, vollkommen
richtig schildert, hatte schon, wie die Ausgrabungen lehren, mehrere Jahr-
hunderte vorher begonnen und hat auch nachher noch einige Jahrhunderte
gedauert; nur zur Zeit der Völkerverschiebungen im XI. Jahrhundert
war er wahrscheinlich eine kurze Spanne unterbrochen. Am Ende des
VIII. und im VII. Jahrhundert, als die griechische Kunst selbst schon
blühte und sich schon nach Westen und Osten in vielen griechischen
Kolonien ausgebreitet hatte, hörte der phönikische Import im Wesent-
lichen auf. Und doch soll nach der Lehre Furtwänglers gerade um 700
vor Chr. der orientalische Einfluß in Griechenland nach einer Pause von
400 Jahren erst wieder begonnen und besonders geblüht haben.

Die geometrische Kunst von Olympia, Athen und anderen Orten
Griechenlands ist meines Erachtens nicht erst im I. Jahrtausend ent-
standen und hat nicht jene vermeintliche Lücke von 400 Jahren aus-
gefüllt, sondern war schon im ganzen II. Jahrtausend an diesen Orten
heimisch, und zwar vor und neben der orientalisch-mykenischen Kunst.
Sie ist erst ganz allmählich durch den älteren und den jüngeren orien-
talischen Import verdrängt und in die klassisch-griechische Kunst um-
gewandelt worden.

Ich mußte länger bei diesem Gegensatze zwischen der Furtwängler-
schen Auffassung der Entwicklungsgeschichte der griechischen Kunst
und der meinigen verweilen, um die große Wichtigkeit darzulegen, welche
die Frage nach dem Alter des Heraions und seiner drei Bauperioden für
die griechische Kunstgeschichte hat.

Wie sollen wir das Alter der 3 Perioden dieses Tempels bestimmen ?
Haben wir mit Furtwängler von angeblich genau datierbaren Funden,
wie jener Bronzestatuette und den protokorinthischen Vasen auszugehen
und die so gewonnenen Daten dem Tempel aufzuzwingen, obwohl dieser
selbst und auch die literarische Überlieferung laut dagegen protestieren ?
Das scheint mir unzulässig. Ich halte es vielmehr für unsere Pflicht,
zunächst den Tempel selbst um sein Alter zu befragen. Wenn dann das
so erzielte Resultat mit der Überlieferung übereinstimmt, so dürfen wir
das gewonnene Datum als gesichert betrachten und sind berechtigt, die
in und unter dem Tempel gemachten Einzelfunde darnach zeitlich zu be-
stimmen. Zu diesem Vorgehen sind wir um so mehr berechtigt und ver-
pflichtet, je mehr wir bei eingehender Prüfung zu der Überzeugung ge-

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Atlien. Mitteilungon XXXXVII 1922
 
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