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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 47.1922

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Dörpfeld, Wilhelm: Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland: (Athen, Oropos, Eleusis, Korinth, Tiryns, Olympia, Thermos, Leukas-Ithaka, Kerkyra)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29497#0043
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Alte und neue Ausgrabungen in Griechenland

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der Insel durch die Korinther (734) erbaut sein muß. Nun hat unser
3. Hera-Tempel bei seiner Erbauung sicher zunächst nur hölzerne Säulen
gehabt, weil sonst die steinernen Säulen, selbst wenn es nur einige gewesen
wären, in gleicher Gestalt und nebeneinander aufgestellt worden wären.
Wir haben daher kein Recht, den 3. Tempel, der sicher noch keine Stein-
säulen hatte, erst dem VII. Jahrhundert zuzuschreiben und müssen
mindestens das VIII. als seine Bauzeit annehmen. Ob es gelingen wird,
die Zeit noch genau zu bestimmen, etwa nach den zwischen dem 2. und
3. Fußbodeti gemachten Funden, oder nach seinen architektonischen
Terrakotten protokorinthischer Art, scheint mir zweifelhaft und ist für
die uns hier besonders beschäftigenden Fragen auch nicht wichtig. Wich-
tiger hierfiir sind die beiden Daten des 1. und des 2. Tempels, weil von
ihnen die strittige Zeitbestimmung der geometrischen und der proto-
korinthischen Kunst abhängig ist.

Unter dem Fußboden des im XI. Jahrhundert errichteten 1. Tem-
pels sind nicht nur die zahllosen Bronzen und Terrakotten des primi-
tiven und des geometrischen Stiles gefunden worden, sondern auch
die Steinersche Statuette aus Bronze. Alle diese Gegenstände miissen
fraglos älter sein als der Tempel und gehören daher der Zeit der
Dorischen Wanderung und den vorhergehenden Jahrhunderten an. Das
gilt also zunächst für die ganze geometrische Kunst von Olympia
und zugleich auch für die gleichzeitige Dipylon-Kunst von Athen,
die hiernach beide in der Hauptsache dem II. Jahrtausend zugeteilt
werden miissen. Damit ist aber nicht gesagt, daß diese Kunst an
beiden Orten nicht auch noch im I. Jahrtausend neben anderen und
jüngeren Kunstrichtungen im Gebrauch geblieben sein kann. Aber die
jetzt herrschende Theorie Furtwänglers, daß die geometrische Kunst
von Olympia und Athen auf das I. Jahrtausend beschränkt sei, ist damit
entschieden widerlegt. Dagegen stellt sich die von Furtwängler be-
kämpfte, früher namentlich von 0. Hirschfeld und A. Conze vertretene An-
sicht, daß die geometrische Kunst von Athen und Olympia vorgriechisch
oder pelasgisch sei, als richtig heraus. In Olympia war sie wohl die Kunst
der Kaukonen, die einst das vorgriechische olympische Heiligtum der
Rhea und des Kronos besaßen und noch in später Zeit nördlich und süd-
lich von Olympia wohnten, und in Athen war sie die Kunst der Tyrsener,
jenes vorgriechischen Volkes, das den Bergen und Flüssen Athens ihre
 
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