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Dörpfeld, Wilhelm; Schuchhardt, Carl: Troja und Homer
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.29497#0125
Antwort
119
gedächtnis haften nur Taten, die mit unerhörter Kraft und Kiihnheit
große Widerstände bezwungen und einen neuen Weg eröffnet haben.
'Gegen ein Troja VI, das am Rande der mykenischen Kultur gelegen
ihr eben erst zugänglich geworden war, brauchte das viel mächtigere
Mykenai nicht mit all’ seinen Bundesgenossen auszuziehen. Troja VI hat
in der allgemeinen Katastrophe der ganzen mykenischen Kultur sein
Ende gefunden. Aber als Troja II, der Vorort der Kykladenkultur, der
stark befestigte, reiche Königssitz, der Schlüssel zum Marmara- und
Schwarzen Meere, im ersten Frühling des aufblühenden mykenischen
Kreises diesem in einer unvergleichlichen Katastrophe zum Opfer fiel,
da war das ein Ereignis, das eine Zeitwende herbeiführte, es war der Unter-
gang der altmittelländischen, pelasgischen Kultur und der Sieg des durch
nordische Zuwanderung erstandenen Griechentums. Deshalb hat dies Er-
eignis sich wie kein anderes im griechischen Volksgedächtnis festgesetzt
und ist mit der reichsten Phantasie nach allen Richtungen ausgeschmiickt
zur größten und dauerhaftesten Dichtung am Mittelmeere geworden.
B e r 1 i n , im April 1923. Carl Schuchhardt.
A n t w o r t.
Aus der vorstehenden Erwiderung von C. Schuchhardt erfahre ich
zunächst, was mir unbekannt war, daß dieser nach den Ausgrabungen
von 1893 und 1894 seine alte Ansicht aufgegeben und mit mir Troja VI
für die homerische Burg gehalten hat. Erst in den letzten 10 Jahren ist
er zu der alten Auffassung, daß Homer den Krieg um Troja II besinge,
wieder zurückgekehrt. Dieser zweimalige Meinungswechsel macht mir die
jetzige merkwürdige Ansicht meines Gegners nur noch unverständlicher.
Von den Gründen, die Schuchhardt jetzt für den neuen Wechsel seiner
Ansicht anführt, kann ich auch nicht einen als beweiskräftig anerkennen.
Erstens vergleicht er in unerhörter Weise die griechische Überlieferung
iiber den trojanischen Krieg um 1200 mit der jtidischen Überlieferung
über die Erschaffung der Welt um 5000 und behauptet, daß wir, ebenso
wie wir nur durch die Geologie die Zeiträume der Bildung unserer Erde
erfahren können, auch ‘für den sagenhaften Trojanischen Krieg uns nur
aus den Ruinen von Troja Rat holen können’. Er vergisst dabei den
wesentlichen Unterschied zwischen beiden Ereignissen. Fiir die Sage von
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gedächtnis haften nur Taten, die mit unerhörter Kraft und Kiihnheit
große Widerstände bezwungen und einen neuen Weg eröffnet haben.
'Gegen ein Troja VI, das am Rande der mykenischen Kultur gelegen
ihr eben erst zugänglich geworden war, brauchte das viel mächtigere
Mykenai nicht mit all’ seinen Bundesgenossen auszuziehen. Troja VI hat
in der allgemeinen Katastrophe der ganzen mykenischen Kultur sein
Ende gefunden. Aber als Troja II, der Vorort der Kykladenkultur, der
stark befestigte, reiche Königssitz, der Schlüssel zum Marmara- und
Schwarzen Meere, im ersten Frühling des aufblühenden mykenischen
Kreises diesem in einer unvergleichlichen Katastrophe zum Opfer fiel,
da war das ein Ereignis, das eine Zeitwende herbeiführte, es war der Unter-
gang der altmittelländischen, pelasgischen Kultur und der Sieg des durch
nordische Zuwanderung erstandenen Griechentums. Deshalb hat dies Er-
eignis sich wie kein anderes im griechischen Volksgedächtnis festgesetzt
und ist mit der reichsten Phantasie nach allen Richtungen ausgeschmiickt
zur größten und dauerhaftesten Dichtung am Mittelmeere geworden.
B e r 1 i n , im April 1923. Carl Schuchhardt.
A n t w o r t.
Aus der vorstehenden Erwiderung von C. Schuchhardt erfahre ich
zunächst, was mir unbekannt war, daß dieser nach den Ausgrabungen
von 1893 und 1894 seine alte Ansicht aufgegeben und mit mir Troja VI
für die homerische Burg gehalten hat. Erst in den letzten 10 Jahren ist
er zu der alten Auffassung, daß Homer den Krieg um Troja II besinge,
wieder zurückgekehrt. Dieser zweimalige Meinungswechsel macht mir die
jetzige merkwürdige Ansicht meines Gegners nur noch unverständlicher.
Von den Gründen, die Schuchhardt jetzt für den neuen Wechsel seiner
Ansicht anführt, kann ich auch nicht einen als beweiskräftig anerkennen.
Erstens vergleicht er in unerhörter Weise die griechische Überlieferung
iiber den trojanischen Krieg um 1200 mit der jtidischen Überlieferung
über die Erschaffung der Welt um 5000 und behauptet, daß wir, ebenso
wie wir nur durch die Geologie die Zeiträume der Bildung unserer Erde
erfahren können, auch ‘für den sagenhaften Trojanischen Krieg uns nur
aus den Ruinen von Troja Rat holen können’. Er vergisst dabei den
wesentlichen Unterschied zwischen beiden Ereignissen. Fiir die Sage von