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zu Theil wurde, bereiteten dem würdigen Greise viele frohe und glück-
liche Tage. Als der Sohn, damals Geheimerath, sich im J. 1813 wegen
Ausführung dringender amtlicher Aufträge längere Zeit von Wies-
baden nicht entfernen konnte, richtete er an den geliebten Vater, der
seinem Amte in Wehen damals noch vorstand, zu dessen siebzigstem
Geburtstage einen schriftlichen Glückwunsch, welchen derselbe mit fol-
gendem Briefe beantwortete, den wir, da er zur Charakterisirung des
zwischen Vater und Sohn bestehenden schönen Verhältnisses beiträgt,
hier mittheilen.
„Wehen, den 16. October 1813.“
„Herzlichen Dank, lieber guter Carl! für Deine liebevolle
Theilnahme an meinem siebzigsten Geburtstage und ebenso
herzlichen Dank für Deinen liebevollen Brief voll Salbung.
Habe ich irgend ein Verdienst um Deine schöne Bildung, so
ist es nicht mir, sondern Gott allein zuzuschreiben, und Ihm
allein sei daher Ehre, Dank und Preis in alle Ewigkeit! Wir
haben sehr fromme und gute Menschen zu Voreltern gehabt,
lieber Carl, und von diesen rührt sicher der auf unserer
Familie ruhende Segen her, und auch dafür wollen wir Gott
ewiglich danken. Ihnen, unseren Voreltern, werde ich gewiss
die erste Nachricht von dem fortdauernd auf der Familie ruhen-
den Segen überbringen. Das siebente Decennium meines Lebens
wird wol das letzte sein — die Stunde ist unbekannt, aber ich
bin bereit, und mein Haus wird bestellt sein, wann und wo
der Herr rufen wird.
Ich liess unser gemeinsames Leben, von welchem Du in
Deinem Briefe eine Scene berührtest, noch einmal an meiner
Seele vorübergehen: wie ich Dich in Ebert’s Naturgeschichte
unterrichtete; wie ich Dich zum ersten Hauptunterricht bei dem
guten Onkel in Bierstadt begleitete; wie ich Dich nach Idstein
führte und dem Freunde Vitriarius übergab; wie ich Dich nach-
her wieder zur Confirmation nach Bierstadt brachte; und end-
lich, wie ich Dir das Geleite bis an unseren Kirchhof gab und
Dich zur Reise nach Göttingen einsegnete! Gott gab zu allen
diesen Schritten seinen Segen, lieber Carl, und darüber können
wir uns jetzt freuen und Ihm danken!
In meiner ganzen Lebenszeit haben mich gestärkt und
erhalten:
Matth. Cap. 8, V. 8 u. 13, Cap. 9, V. 22 und
Johann. Cap. 14, V. 13 u. 14.
zu Theil wurde, bereiteten dem würdigen Greise viele frohe und glück-
liche Tage. Als der Sohn, damals Geheimerath, sich im J. 1813 wegen
Ausführung dringender amtlicher Aufträge längere Zeit von Wies-
baden nicht entfernen konnte, richtete er an den geliebten Vater, der
seinem Amte in Wehen damals noch vorstand, zu dessen siebzigstem
Geburtstage einen schriftlichen Glückwunsch, welchen derselbe mit fol-
gendem Briefe beantwortete, den wir, da er zur Charakterisirung des
zwischen Vater und Sohn bestehenden schönen Verhältnisses beiträgt,
hier mittheilen.
„Wehen, den 16. October 1813.“
„Herzlichen Dank, lieber guter Carl! für Deine liebevolle
Theilnahme an meinem siebzigsten Geburtstage und ebenso
herzlichen Dank für Deinen liebevollen Brief voll Salbung.
Habe ich irgend ein Verdienst um Deine schöne Bildung, so
ist es nicht mir, sondern Gott allein zuzuschreiben, und Ihm
allein sei daher Ehre, Dank und Preis in alle Ewigkeit! Wir
haben sehr fromme und gute Menschen zu Voreltern gehabt,
lieber Carl, und von diesen rührt sicher der auf unserer
Familie ruhende Segen her, und auch dafür wollen wir Gott
ewiglich danken. Ihnen, unseren Voreltern, werde ich gewiss
die erste Nachricht von dem fortdauernd auf der Familie ruhen-
den Segen überbringen. Das siebente Decennium meines Lebens
wird wol das letzte sein — die Stunde ist unbekannt, aber ich
bin bereit, und mein Haus wird bestellt sein, wann und wo
der Herr rufen wird.
Ich liess unser gemeinsames Leben, von welchem Du in
Deinem Briefe eine Scene berührtest, noch einmal an meiner
Seele vorübergehen: wie ich Dich in Ebert’s Naturgeschichte
unterrichtete; wie ich Dich zum ersten Hauptunterricht bei dem
guten Onkel in Bierstadt begleitete; wie ich Dich nach Idstein
führte und dem Freunde Vitriarius übergab; wie ich Dich nach-
her wieder zur Confirmation nach Bierstadt brachte; und end-
lich, wie ich Dir das Geleite bis an unseren Kirchhof gab und
Dich zur Reise nach Göttingen einsegnete! Gott gab zu allen
diesen Schritten seinen Segen, lieber Carl, und darüber können
wir uns jetzt freuen und Ihm danken!
In meiner ganzen Lebenszeit haben mich gestärkt und
erhalten:
Matth. Cap. 8, V. 8 u. 13, Cap. 9, V. 22 und
Johann. Cap. 14, V. 13 u. 14.