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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 19.1903

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6. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.43187#0091
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1Q03

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 6



Das Karl Müllersche Volksbad in München. Architekt: Professor Karl
Männerschwimmhalle. Rückseite. Hocheder in München.

Im ersten Obergeschoss sind hauptsächlich die Wannen-
bäder untergebracht, und zwar auf der Männerseite 17, auf der
Frauenseite 36 Badezellen nebst Aborten und Requisitenräumen.
Ausserdem sind acht Zellen so angeordnet, dass sie von Männern
oder Frauen benützt werden können, je nachdem auf der einen
oder anderen Seite ein Mehrbedarf sich einstellt.
Das zweite Obergeschoss, das nur zu einem kleinen Teile
ausgebaut ist, enthält die Verwalterwohnung, die aus vier
Zimmern, Garderobe, Magdkammer, Abort und Küche besteht,
ferner das Verwaltungsbureau, einen Depotraum für Reserve-
wäsche und zwei vorläufig noch unbenützte Räume.
In den weiteren Geschossen des Turmes befinden sich
noch kleine Wohnungen für Bedienstete, ein Raum für zwei
grosse Wasserbehälter und das Triebwerk der mit vier grossen
Zifferblättern ausgestatteten Turmuhr. In der Höhe von etwa
35 m über dem Fussboden des Erdgeschosses ist ein bequem
zugänglicher Baldachin zu einer freien Aussicht über das Isar-
thal und die Stadt geschaffen. Auch die mit Fenstern ge-
schlossene Laterne des Turmhelmes dient dem Zwecke einer
schönen Rundsicht.
Das Volksbad ist mit einer Zentral-Dampfheizung mit
Lüftung versehen, für die, gleichwie für den gesamten Bade-
betrieb, der nötige Dampf von dem nahen Muffatwerk bezogen
wird. Zur Wasserversorgung des Volksbades dient zunächst
eine alte, eine Zeitlang aufgegebene Leitung, die sogenannte
alte Hofbrunnenleitung, welche durchschnittlich 20 Sekunden-
liter Wasser liefert, und soweit diese Quelle nicht ausreicht,
wird der Mehrbedarf der städtischen Hochdruckleitung entnom-
men. Die Zentrale für die Warmwasserversorgung befindet sich
im Untergeschoss. Die Entwässerung der Badeanstalt bot keiner-
lei Schwierigkeiten, da ein städtischer Abwasserkanal vorhanden
ist, der unter dem Bau selbst hindurchführt.
Das Gebäude sollte in die gegebene Landschaft möglichst
ungezwungen eingefügt werden, und es hat deshalb auch die
vorhandene mächtig entwickelte Kastanienallee auf die Lage
des Hauptportales, auf welches sie jetzt zuführt, bestimmend
eingewirkt ; dieser Umstand sowohl als auch die grosse Mannig-
faltigkeit der erforderlichen Räume des Bades liessen nur die
beweglichere malerische Anordnung der Baumassen zu. Die

grosse nach Art antiker Tepidarien als Tonnenraum durchge-
bildete Männerschwimmhalle stellt nach aussen den eigentlichen
Kern dar, ihre Achse bildet mit der des davorgestellten massigen
Turmes und der des Hauptzuganges eine Linie.
An dieses Langhaus gliedert sich gegen das Flussgerinne
zu die als Kuppelraum gebildete Frauenschwimmhalle an.
Der der Ludwigsbrücke am nächsten gelegene Flügelbau
des Eingangsvorhofes links ist von der Kuppel des Haupt-
raumes des römisch-irischen Bades überragt, während der rechte
Flügel dieses Vorhofes an einem bis jetzt noch nicht errichteten
Privatbau an der Zweibrückenstrasse den Anschluss sucht,
der die ganze Baugruppe erst zu einem harmonisch wirken-
den Ganzen stempeln, sie überhaupt erst vollkommen verständ-
lich machen soll.
Im Innern haben äusser Vestibül und Lichthöfen nur die
beiden Schwimmhallen und die Räume des römisch-irischen
Bades künstlerische Durchbildung erhalten, und wenn der
Eindruck einfacher Gediegenheit und ehrlicher Sachlichkeit er-
reicht worden ist, so haben hiezu mehr die räumlichen Anord-
nungen an sich, die dem Selbstverständlichen möglichst nahe
gebracht werden wollten, beigetragen, als der nur sehr spär-
lich verwendete Schmuck.
Die Kosten des ganzen Baues betrugen 1670000 Mk.
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Von der Jubiläumsausstellung des Vereins
für Deutsches Kunstgewerbe zu Berlin.
Die Ausstellungen »nur für moderne Kunst«, welche wir
in den letzten Jahren in rascher Folge da und dort sich wieder-
holen sahen, sind die logische Schlussfolgerung aus der von
den »Modernen« gewollten völligen Loslösung von der Ver-
gangenheit, aus dem grundsätzlichen Verzicht auf die über-
lieferten Formen der historischen Stile. »Es gibt nur eine, die
neue Kunst für die Gegenwart und Zukunft und neben ihr
keinen Raum mehr für Schöpfungen, welche nicht aus dem
neuen Geiste hervorgegangen sind.«
Freilich, wenn man dem Beschauer nur Werke der neuen
Richtung vorführt und mit den Gegensätzen zugleich die

Das Karl Müllersche Volksbad in München. Architekt: Professor Karl
Wasserausfluss in der Männerschwimmhalle. Hocheder in München.


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