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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0012
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1910

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

ketten. Fürwahr ein Bild, das
noch auf keiner Ausstellung vor-
her seinesgleichen hatte!
Da ist nichts mehr übrig
von dem marktschreierischen
Sichüberbieten an Formen, Ver-
hältnissen und Farben, das sonst
bei Ausstellungen doch selbst-
verständlich war; da ist nicht
eine einzige Kuppel, nicht ein
einziger Dachreiter, — und ge-
hörte er zu der letzten Schau-
bude der »nassen Ecke«, der
nicht taktvoll sich dem großen,
energisch geleiteten Orchester
einordnete! —
Eine weitere Überraschung
erleben wir bei der Betrachtung
der Formgebung im einzelnen.
Alles ist so »modern«, so eigen-
artig; und doch — geht man
der Sache auf den Grund, so

Landesausstellung in Aarhus. Architekt: Anton Rosen in Kopenhagen.
Aus der Gartenbauabteilung.


ist die gute alte dorische Ordnung das folgerichtig durch-
geführte Leitmotiv der ganzen Ausstellungsarchitektur außen


Landesausstellung in Aarhus.
Seiteneingang am Hauptgebäude.

Architekt: Anton Rosen
in Kopenhagen.

wie innen. Zwar frei und keck angewandt und bald gestreckt
und bald zusammengedrückt, und durch überlegte Farben-
verteilung gesteigert, und durch neckische Detailscherze be-
lebt, aber doch nie den sicheren Boden des Stils verlassend.
Eine dritte Überraschung bietet bei noch genauerem Hin-
sehen das Konstruktionsprinzip der so eigentümlich anmutenden
Bauten: Bretter und Latten! Aus Brettern und Latten hat
man auch bisher schon Ausstellungsbauten gemacht, aber noch
nie hat ein Architekt es verstanden, dieses primitive Material
folgerichtig als sichtbaren, ungeschminkten Baustoff durch-
zubilden, es gewissermaßen zur Begleitung seiner Melodie zu
erheben. In Hunderten von immer neuen Zusammenfügungen
werden Bretter und Latten zu Wänden, zu Brüstungen, zu
Gesimsen, zu Bekrönungen, Gittern und Verkleidungen ge-
staltet, überall die strenge Grundform der Architektur in ge-
fälligem Spiel belebend. Sie sind unbehobelt, wodurch die
aufgetragenen Farben duff und malerisch wirken. Ihre zarten
Linien an den Säulenschäften und Pfeilern ersetzen die Kanne-
luren und geben als Untergrund für dekorative Malereien den
Bildern etwas Stoffartiges. Dabei kommt sogar auch die heute

so sehr gepriesene Bodenständigkeit zum Wort, denn wer die
nördlichen Länder bereist hat, erkennt die schlichten Motive
des dort allgemein noch geübten Holzverschalungsbaus in
monumentaler Steigerung und Läuterung wieder.
Aus der Reihe der vortrefflichen Leistungen verdienen
wohl einige Bauten als ganz besonders geglückt hervorgehoben
zu werden; so die Blumenhalle, ein köstlicher Raum gleich den
meisten übrigen mit weiß gestrichenen sichtbaren Dachbindern.
Das milde Licht fällt nicht durch Fenster, sondern durch die
imprägnierte Leinwand, welche das Satteldach bedeckt; oder
das Hauptrestaurant, wo die lattengeschmückten Binder fast
wie von der Decke herabhängende Schleier wirken und wo
die Wandmalereien ganz besonderes Lob verdienen; oder die
Eingangsfront der Maschinenhalle in ihrem Mennigeschmuck
und mit den beiden Riesenambossen zu Seiten der hohen
Freitreppen; oder endlich die »Säulenhalle«, deren wuchtige
weiße Kassettendecke durch bunte Säulen gewaltigen Umfangs
gestützt wird.


Landesausstellung in Aarhus.
Eingang zur Kunsthalle.

Architekt; Anton Rosen
in Kopenhagen.

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