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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0014
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1910

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

Wettbewerb zur Bebauung des Augustinerstocks in München. Architekten: Delisle & Ingwersen in München.
I. Preis.


Das Ergebnis des Wettbewerbs zur Bebauung des Augustinerstocks
in München.

Von Dr. Andy Pointner.

Der verwahrloste Zustand der ehemaligen Augustinerkirche
in München (seit 1803 Mauthalle) erregte seit langem
Unwillen und Spott und man drang einerseits auf Beseitigung
des Gebäudes, das wenig an eine der verkehrsreichsten Stellen
der Stadt passen will, während von kunstverständiger Seite
dagegen immer wieder auf den hohen künstlerischen und
historischen Wert des Innenraums und auf die Bedeutung
des Äußern für das Stadtbild hingewiesen wurde. Das Ge-
bäude wieder kirchlichen Zwecken zuzuführen, erwies sich
als unmöglich und so tauchten verschiedene Projekte auf, die
versuchten, das Äußere des Baues im wesentlichen zu erhalten,
den Innenraum aber unter Schonung
der wertvollen Stuckaturen für neue
Zwecke umzugestalten. Professor
Hocheder, Professor FriedrichThiersch
und vor allen der Professor Gabriel
von Seidl hatten sich mit dieser Frage
beschäftigt und entsprechende Vor-
schläge gemacht. In der von letzterem
1906 verfaßten »Denkschrift über
die Erhaltung und künftige
VerwendungderaltenAugusti-
nerkirche, nun Mauthalle in
München« wird auf Grund Hoch-
ederscher Vorarbeiten empfohlen, die
Kirche durch Einziehung eines Zwi-
schenbodens in Seitenschiffhöhe zu
teilen, unten Läden und Räume für
Ausstellungszwecke, oben große Säle
etc. zu schaffen. Eine Farbenskizze
zeigt die WiederherstellungdesÄußern.
Diese Denkschrift wardenTeilnehmern
am Wettbewerb als Material zur Ver-
fügung gestellt und hat auf viele Pro¬
jekte einen weitgehenden Einfluß geübt.
Aktuell wurde die Frage, als durch
Beschluß der Kammer das Gelände

des Augustinerstocks für einen Neubau des Polizeigebäudes
gewählt wurde. Der Besitz des Staates (Kirche und ehemaliges
Kloster) wurde durch Ankauf einiger Anwesen an der Löwen-
grube abgerundet, so daß der Block zwischen Neuhauserstraße,
Ettstraße, Löwengrube, Frauenplatz und Augustinerstraße zur
Verfügung steht. Anfang Dezember 1908 wurde, ebenfalls auf
Kammerbeschluß, ein Wettbewerb unter deutschen Ar-
chitekten zur Erlangung von Entwürfen für ein neues
Polizeigebäude ausgeschrieben, der es den Teilnehmern
freistellte, die alte Kirche im wesentlichen zu erhalten und den
neuen Zwecken anzupassen oder sie durch einen vollständigen
Neubau zu ersetzen, der aber ein dem
alten gleichwertiges, reizvolles Stadt-
bild zu bieten hätte.
Die Kirche wurde 1327 nach einem
Brand als dreischiffige gotische Ba-
silika erbaut mit dem flachgedeckten
Hauptschiff der Bettelordenskirchen.
Der eingezogene Chor und die Seiten-
schiffe waren gewölbt. 1621 erhielt
das Mittelschiff seine Wölbung, das
Innere wurde durch die prächtige
Stuckdekoration verändert, in der es
heute noch erhalten ist. Unter einem
etwa 6 m hohen Einbau im Ostende
des Chors findet sich ein kleiner ge-
wölbter Raum mit einer Mittelsäule
aus rotem Marmor. Außen blieb der
gotische Chor mit seinen Strebepfeilern
erhalten, niedrige Anbauten legen sich
um ihn, daran schließen sich gegen
Westen die höheren Seitenschiffe, vom
langen hohen Dach des Mittelschiffs
überragt. Die Hochwand hat jetzt
rundbogige Fenster; die Seitenschiffe
haben hart unterm Dach kreisrunde
und sind unten durch vier große Tor-

I. Preis. Architekten: Delisle & Ingwersen in München.


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