Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

DOI Heft:
2. Heft
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0028
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1910

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 2


Entwurf »Freude-

Architekt: Karl Heine in Koblenz.

■ ■■ ■ II
k * *

gebäude nach der Straße, die Tenne nach rückwärts gerichtet.
Dabei hat es der Verfasser verstanden, architektonisch den
spezifisch niedersächsischen Ton anzuschlagen. Und dennoch
würde er schwerlich einen Bauherrn finden, der auf diese Vor-
schläge einginge. Schon allein deshalb nicht, weil das Sachsen-
haus in der Mitte des Areals steht und nach drei Seiten Höfe hat.
Darunter muß die Übersichtlichkeit, welche heute gefordert wird,
leiden; wir glauben aber auch nicht zu irren, wenn wir eine
solche Anlage mit all ihrem Drum und Dran für viel zu teuer
halten. Der Verfasser berechnet selbst für das Gebäude 104000 Mk.
Die fränkische Bauweise kommt unsern modernen Bedürfnissen
mehr entgegen. Aber auch allerlei sonstige kleine Mißstände
führt das sächsische System mit sich und all die kleinen Ver-
legenheiten, in welche der Verfasser geraten, zeigen sich hier.
Wie unbequem ist das Rindvieh zu bedienen und fast ebenso
die Schweine! Um von einem Futtergange in die Mistgänge zu

ruOHr\jHnuS- CRDCES'ü-idSS:

*



DOM G1 GRUB El

HOIZ-BODE.N

1 : 403

Entwurf »Freude«.



bestimmten Bauplatzes entscheiden.

Georg
i,

11. Kenn-
»Fürs

kommen, sind drei Türen zu passieren, entweder vom Hofe
oder von der Tenne aus. Wo sind die so bequemen Bansen-
räume unsrer heutigen Scheunen? Derartige Fragen drängen sich
mehr auf, als hier besprochen werden kann. Und doch beglück-
wünschen wir den Verfasser um des so lehrreichen Versuchs
willen und haben außerdem für die geschickte _h
architektonische Lösung alle Anerkennung.

wert. Im Wohnhause ist eine sogenannte Wohndiele in der
ganzen Tiefe des Gebäudes angelegt. Zugegeben, daß sich der
Landmann mit einer derartigen Anlage befreunden könnte —
es ist sogar ein Kamin vorgesehen —, dann darf aber eine
solche Diele, die immer ein gewisses herrschaftliches Gepräge
trägt, nicht zugleich der einzige Zu- und Ausgang der Gesinde-
stube sein. Mit der Entleerung des Rindviehstalles, der eine
ähnliche Lage hat, wie er sich bei Nr. 7 findet, hat
sich der Verfasser besser abgefunden, als jener.
* *

9. Kennwort »Mein Thüringen, mein Hei-
matland«. Architekt: F. Horn in Koblenz.
Lobende Anerkennung. (Vergl. Tafel 12/13.)
Wenn auch der Hof eine für seine Breite
sehr große Tiefe zeigt, so ist doch im ganzen
gegen die Lage der Gebäude zueinander nichts
einzuwenden. Als Verbindung zwischen Wohn-
haus und Rindviehstall zeigt sich hier wieder
der mehrfach erwähnte dunkle und luftarme Mittelkorridor. Die
Langstellung des Rindviehs, 13 Stück in jeder Reihe, ist, wenn
nicht geradezu unzulässig, so doch nicht anzuempfehlen. Sie
hat ferner die unausbleibliche Folge einer recht geringen Ge-
bäudetiefe von wenig über 9,50 m, und daraus ergibt -sich ein
verhältnismäßig niedriges Dach mit geringem Fassungsraum.
Bei einer Querstellung hätte sich eine größere Gebäudetiefe
von selbst ergeben, es wäre dadurch eine Einschränkung der
Hoftiefe zu ermöglichen gewesen und — das darf nicht über-
sehen werden — auch eine machtvollere Dachentwicklung ergab
sich ungesucht; praktische und ästhetische Vorteile zugleich.
So nett auch die architektonische Seite des Entwurfs gelöst
ist, die breite Behaglichkeit niedersächsischer Bauernhöfe fehlt.
* $
*
10. Kennwort »Sollinghaus«. Architekt: A.Knop, Höxter. (S.l 6.)
Einer der lehrreichsten Entwürfe. Wie schwierig, ja unmög-
lich es ist, den Typus des Sachsenhauses durchaus beizubehalten
und doch modernen Anforderungen zu genügen, zeigt diese
Arbeit. Es ist jener Typus des Sachsenhauses, wie er uns durch-
weg im »Alten Lande« bei Hamburg entgegentritt, d. h. das Wohn-

wort
Land«. Archi¬
tekt:
Friedrich,
Braunschweig. (Seite 13.)
Auch dieser Entwurf trachtet das alte
Einhaus zur Geltung zu bringen, aber er
legt sich nicht so sehr damit fest, wie
Nr. 10. Er sondert das Scheunengebäude,
den Pferdestall und die geforderten
kleineren Räume ab, verlegt sie in ein
Seitengebäude und setzt dieses sehr wirkungsvoll durch einen
überdeckten Gang mit dem Hauptbau in Verbindung. Es läßt
sich nichts Wesentliches gegen diese Anordnung sagen; nur
die unzureichend beleuchtete Diele des Wohnhauses kann nicht
gebilligt werden, wenn damit auch der mehrfach erwähnte
Mittelkorridor vermieden ist. Ob aber das Scheunengebäude mit
seiner Ein- und Ausfahrt glücklich gelegen ist, darüber könnte
nur die Annahme eines


F - " - j
“T
SPE:SEKEl£ej
W--T.2-l

BSTGRÄSIAEH-
1
.PFERDE -STrU=.
1
FESER UE-SW lt- ] H
1

Entwurf »Freude«. Architekt: Karl Heine in Koblenz.


Für gewöhnliche Fälle möchten wir
diese Anordnung nicht empfehlen.
* *
*
12. Kennwort »Hathwiga«. Ar-
chitekt: Wilh. Wolff, Braunschweig.
(Seite 17.)
Die Arbeit hat manches Inter-
essante; sie imponiert durch den
mächtigen Wohnhausgiebel. Dieser
erweist sich aber doch als eine Über-
schwenglichkeit, wenn man ihn von
der praktischen Seite ansieht. Eine
solche Steigerung lediglich aus
ästhetischen Rücksichten ist bei
schlichten dörflichen Verhältnissen
nicht mehr angebracht. Auch die
Anordnung des Pferdestalles hält
der Kritik nicht stand; er ist kalt

18
 
Annotationen