Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

DOI Heft:
8. Heft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0082
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 8

1910


Mildere Baupolizeivorschriften
für kleinere Wohnhäuser.

Nach den bestehenden älteren Baupolizei¬
vorschriften wird der Ban kleinerer
Einfamilienhäuser und landwirtschaftlicher
Nutzbauten durch zu weitgehende Anfor¬
derungen hinsichtlich der Standsicherheit,
Feuersicherheit, der Gesundheit und des
Verkehrs unnötig und unverhältnismäßig
verteuert. Oft und seit langem ist daher
aus den Fachkreisen auf die Notwendig¬
keit einer zweckdienlichen durchgreifenden
Änderung der bestehenden Vorschriften als
Grundlage für eine gesundere Entwicklung
des Kleinwohnungswesens und der land¬
wirtschaftlichen Bauten hingewiesen wor¬
den. Denn nur durch eine solche können
die schweren Nachteile beseitigt werden,
welche dem gesamten wirtschaftlichen Eeben
aus der zwecklosen Verteuerung dieser
Bauten durch Jahrzehnte entstanden sind
und die Leistungsfähigkeit weiter Erwerbs¬
kreise gefährden.
Nachdem in Sachsen durch das
Finanzministerium bereits seit Jahren auf
eine wirtschaftlichere Bauweise, zunächst
bei den derartigen Staatsbauten selbst
(Försterhäusern, Ökonomiegebäuden, Dorf¬
schulen usw.) hingearbeitet und damit die
besten wirtschaftlichen und auch baukünst¬
lerischen Erfolge erzielt worden sind, hat
für Preußen der Minister der öffentlichen
Arbeiten durch einen Runderlaß vom
11. Oktober 1909 den zuständigen Behör-
den ausführliche Leitsätze für zweckentsprechendere wirtschaftlichere Bau-
vorschriften gegeben, die unter Berücksichtigung der großen Unterschiede
in den Baugewohnheiten, den klimatischen Verhältnissen, der Bodenbe-
schaffenheit, dem Wirtschaftsbetriebe wie dem durchschnittlichen Wohl-
stände der Bevölkerung in den einzelnen Provinzen aufgestellt werden
sollen, so daß Bauordnungen für das platte Land regelmäßig nur für den

Architekt: Professor Alfred Grenander in Berlin.
Umfang eines Regierungsbezirks erlassen werden sollen und zwar unter
Anhörung der Landwirtschaftskammern.
Die darin als erforderlich bezeichneten Milderungen der bisherigen
Vorschriften bzw. Verbote beziehen sich auf die Zugänglichkeit der
Gebäude, deren Abstand von der Straße und von der Nachbar-
grenze, sowie von andern Gebäuden desselben Grundstücks,
auf die bebaubare Fläche und den Abstand

Fabtikneubau der Ludwig Loewe A. G. in Berlin, Huttenstraße.
Gesamtansicht.

Fabrikneubeu der Ludwig Loewe A. G. in Berlin, Hiitfenstraße. Architekt: Professor Alfred Grenander


der Brunnen von Abortanlagen und Düng-
st ätt en. Hinsichtlich der Konstruktion und
Standsicherheit, der zu verwendenden Bau-
stoffe, der Herstellung von Brandmauern, der
Mauerstärken und Treppen soll nur das unbe-
dingt Nötige gefordert und jedenfalls darauf Be-
dacht genommen werden, daß jede unnötige Ver-
teuerung des Baus verhütet wird. Die hierauf
bezüglichen eingehenden Einzelvorschriften werden
von den Bauausführenden allgemein dankbar als zweck-
entsprechende und notwendige Erleichterungen aner-
kannt werden (abgedruckt im Zentralblatt der Bauverwal-
tung 1909, Nr. 85). — Im gleichen Sinne sind neuerdings
auch für Baden ähnliche Vorschläge zur Ge-
währ u n g v o n b a u 1 i c h e n M i n d e r a n f o r d e r u n g e n
durch Baurat Prof. Stürzenacker im badischen Ministe-
rium ausgearbeitet worden, die gegenwärtig den Bezirks-
ämtern zur Äußerung übersandt sind. Diese sind für
Wohnhäuser für höchstens zwei Familien bestimmt,
die bei höchstens 120 qm bebauter Fläche höchstens
aus zwei Geschossen ohne ausgebautes Dach oder nur
aus Erdgeschoß und ausgebautem Dach bestehen.
Die Erleichterungen sollen sich erstrecken 1. auf
die Aufführung von Brandmauern und deren Hoch-
führung über Dach bei Gruppenbauten; 2. Verzicht
auf den Verputz der Unterfläche von Eichenholztreppen;
3. zulässige Mindestbreite von 90 cm für Geschoß-
treppen und von 85 cm für Bodentreppen; 4. zulässige
Mindestbreite des Hausdurchgangs von 1,20 m; ent-
sprechende Breite der Straßen- und Hoftüre; 5. Mauer-
stärke von 45 statt 50 cm in Bruchsteinen für unter-
geordnete und nicht starkbelastete Mauern (Terrassen,
Vorplätze, Treppenmauern u. dgl.); 6. Verminderung
der zu berechnenden Nutzlast von 200 250 kg qm auf
180 kg/qm; 7. Zulassung von 25 cm starken Backstein-
außenwänden bei geeignetem sonstigen Schutz gegen
Witterungseinflüsse; 8. Zulassung der halboffenen
Bauweise, nach der zwei gegenüberliegende Seiten
eines Baublocks geschlossen, die beiden andern offen
bebaut werden; 9. Verzicht auf Festsetzung einer beson-
deren Bauflucht und 10. Festsetzung geringerer Breiten
für die Fahrbahn und die Fußgängerwege der Straßen.

Verzeichnis der Tafeln.
Tafel 57[58. Fabrikneubau der Ludwig Loewe A. O. in Berlin,
Huttenstraße. Architekt: Professor Alfred Grenander in Berlin.
Tafel 59. Portier- und Kantinengebäude der Papierfabrik in Ober-
lenningen. Architekten: Oberbauräte Eisenlohr & Weigle in
Stuttgart.
Tafel 60. Schule und Lehrerwohnhaus in Oberlenningen. Archi-
tekten : Oberbauräte Eisenlohr & Weigle in Stuttgart.
Tafel 6162. Elektronwerke in Griesheim. Kasino und Haushal-
tungsschule. Architekt: Hans Bernoiilli in Berlin.
Tafel 63. Turbinenfabrik der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft
in Berlin, Sickingenstraße. Architekt: Professor Peter Behrens
in Berlin.
Tafel 64. Fabrikgebäude der Firma W. J. Teufel in Stuttgart, Neckar-
straße. Architekten: Professor P. Schmohl & G. Staehelin in
Stuttgart.

Eingang zum Verwaltungsgebäude.

in Berlin.

72
 
Annotationen