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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0362
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1910

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7


Beleuchtungskörper für den »Stahlhof«
in Düsseldorf.
Entwurf von Walter Ortlieb.
Ausführung von Paul Stotz & Otto Schlee
in Stuttgart.

den baupolizeilichen Anforderungen ge-
mäß einen besonderen Vorplatz und den
(für 2 Wohnungen) innerhalb des Eta-
genabschlusses gelegenen Abort enthält,
während der Abort für die dritte Woh-
nung außerhalb des Abschlusses liegen
darf und in der Regel auf dem Treppen-
podest untergebracht ist. Als weitere
Zugaben enthalten dieWohnungen einen
Flurwandschrank und einen Balkon.
Außerdem ist jeder Wohnküche eine
geräumige Spülküche mit Spülstein zu-
geteilt.
Die Mietpreise dieser Wohnungen
betragen für Zimmer und Monat 9,50
bis 10 Mk., während die ortsüblichen
Preise für Wohnungen in der gewöhn-
lichen Ausführung der Unternehmer-
bauten , ohne Spülkiiche, Balkon usw.,
12—13 Mk. betragen.
Die Bauausführung erfolgt in so-
lidester Weise. Sämtliche Decken wer-
den in Eisenbeton ausgeführt, die Flure,
Aborte und Spülküchen erhaltenTerrazzo-
belag, die Zimmer dagegen Pitch pine-
oder tannenen Fußboden auf Lager-
hölzern. Küchen und Spiilküchenwände
werden in Filzputz hergestellt und in
Sockelhöhe mit Ölfarbe, darüber in
Kaseinfarbe gestrichen, die sonstigen
Zimmer und Treppenhäuser tapeziert.
Die Wandflächen an Herden, Spül-
steinen und Hausflursockeln werden
mit Porzellanplatten verkleidet, die
Fensterbänke bestehen aus poliertem
belgischen Granit, alles Holzwerk wird
in warmen Tönen lasiert, nicht deckend
gestrichen.
Die Fassaden sind in einfachen
Formen einheitlich gehalten. Durch
Anordnung eines Vorgartens, dement-
sprechendes Zurücktreten der Vorder-
front und Vorziehen des Mittelbaues
ist eine natürliche Gliederung des Auf-
baues erreicht und das Kasernenmäßige
vermieden worden.
Die Baukosten belaufen sich bei
einem Einheitssätze von 242 Mk. und

1220 qm bebauter Fläche auf 295 000 Mk. Die Grundstückkosten be-
tragen bei 33,16 Ar 84 000 Mk. Die Beiträge an Kanal-, Straßen- und
Trottoirkosten bei 98 m Frontlänge etwa 20 000 Mk., die Gesamtkosten
somit 456000 Mk.
Mitten in einem Düsseldorfer Fabrikviertel, in welchem etwa 40 000 Ar-
beiter beschäftigt sind, an der Kiefernstraße, bauen Verheyen &
S t o b b e ebenfalls eine Gruppe v o n 21 Häusern für Kleinwohnungen
(Tafel 54), wobei als besondere Neuerung anzuführen ist, daß hier in
jeder Baugruppe ein Hausmeister in einem sogenannten Verwaltungs-
hause Wohnung erhält, zur Überwachung der Wohnungen, Reinigung


»Der Stahlhof«, Geschäftshaus des Deutschen
Stahlwerkverbandes in Düsseldorf.

Architekt: Baurat J. Radtke
in Düsseldorf.

der gemeinschaftlich be-
nutzten Räume, Versor-
gung der Beleuchtung
usw. In jedem Verwal-
tungshause stehen Brau-
sebäder zur billigen Be-
nutzung, sowie Telephon
den Mietern zur Verfü-
gung. Hinter den Gärten
der Häuser zieht sich auf
die ganze Länge des Bau-
blocks ein 5 m breiter
Spielplatz hin, um die
Kinder von der Straße
fernzuhalten. Diese Reihe
von Bauten, zu inter-
essanten Gruppen ver-
einigt, wird ein lebhaftes
farbenfrohes Straßenbild
geben und Wohnungen
enthalten, die billig, ge-
sund, einfach, aber solide
und geeignet sind, Arbei-
terfamilien ein angemes-
senes Heim zu bieten.
Auch die Stadtver-
waltung Düsseldorf ist in
Bezug auf Kleinwoh-
nungsbauten recht rührig.
Im Besitze verschiedener
Stiftungen für solche
Zwecke, ließ sie letzter-
dings aus den Kapitalien
der Schifferstiftung
durch den Architekten
Hermann Goerke,
B. D. A., eine Vierhäu-


Beleuchtungskörper für den »Stahlhof« in Düsseldorf.
Entwurf von Walter Ortlieb.
Ausführung von Paul Stotz & Otto Schlee
in Stuttgart.

sergruppe mit zusammen 24 Dreizimmerwohnungen an der Sonnenstraße
errichten (S. 60). Auch hier wurde auf zweckmäßigste Einteilung des
Grundrisses und angemessene Ausstattung alle Sorgfalt verwendet. Die
Fassaden geben der ganzen Straße ein Sondergepräge. Sie sind inTerrazzo-
putz zweifarbig, teils glatt, teils rauh, geputzt und finden ihre Haupt-
betonung in den mit kräftigen Farben volkstümlich behandelten Portalen.
Dieses letzte Beispiel ist noch insofern bemerkenswert, als es einen
Erfolg der Bestrebungen der Düsseldorfer Architektenschaft darstellt, die
Stadtverwaltung immer mehr zu veranlassen, mit der Planung und Aus-
führung künstlerisch zu behandelnder Bauten nach Möglichkeit tüchtige
Privatarchitekten zu beauftragen, die denn auch, wie die vorgeführten
Leistungen zum Teil beweisen mögen, mehr denn je ernst bestrebt sind,
den Ruf Düsseldorfs als Kunststadt auch auf dem Gebiet der Architektur
zu rechtfertigen.

Bücherbesprechungen.
Das Warenhaus Tietz in Düsseldorf
von Joseph M. Olbrich. (3. Sonder-
heft der Architektur des 20. Jahr-
hunderts.) Berlin, Verlag von Ernst
Wasmuth A.G., 1909. Preis 12 Mk.
In einer stattlichen Reihe von pho-
tographischen Aufnahmen ist dieses
letzte und größte Werk des so früh Da-
hingegangenen bis in alle Einzelheiten
geschildert. Nach den Angaben des
begleitenden Textes hat Olbrich alle
Teile des gewaltigen Baus, auch der
inneren Einrichtung, noch selbst ent-
worfen , wenigstens in ausführungs-
fähiger Form skizziert gehabt, *so daß
die Vollendung nach seinem plötzlichen
Tode danach erfolgen konnte und
durchaus als seine Schöpfung bezeich-
net werden darf. Noch einmal läßt hier
der Reichtum der Gedanken und Formen
Olbrichs oft bewunderte unerschöpfliche
und sich immer von neuem überbietende
Gestaltungs- und Schaffenskraft vor
allem in den Schmuckformen, in der
formen- und farbenprächtigen Ausstat-
tung der Räume erkennen, während das
Äußere ihn auch als Meister der Mo-
numentalarchitektur zeigt.
Vielleicht liegt es an der Schwie-
rigkeit der Aufnahme solcher Räume,
daß die hier gebotenen Bilder nicht alle
von gleicher Klarheit und künstlerischer
Wirksamkeit sind. Die Farbenpracht
und die meisterhafte Zusammenstim-
mung der kostbarsten Materialien zu
einem einheitlichen, künstlerisch be-
seelten Ganzen, die Olbrich so meister-
haft verstand und die einen Hauptreiz
auch dieses seines letzten Werkes aus-
macht, ist ja leider in der gewöhn-
lichen phototypischen Wiedergabe kaum
anzudeuten.


Beleuchtungskörper für den »Stahlhof«
in Düsseldorf.
Entwurf von Walter Ortlieb.
Ausführung von Paul Stotz & Otto Schlee
in Stuttgart.
 
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