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gesetzten einstigen Zusammenhänge der Malereiaus-
stattung zur Geltung zu bringen. Diese Konzeption
zeigte sich als richtig nicht nur ästhetisch, son-
dern auch vom kunsthistorischen Standpunkt; das
Endergebnis machte nämlich die Korrelation der Frag-
mente in Žíp mit den mittelalterlichen Malereien in
den übrigen Lokalitäten der Rimava-Gemer-Region
sichtbar. Die Funde verraten, dass die Werkstatt, von
der das Interieur der Kirche irgendwann am Ende
des 14. Jahrhunderts ausgemalt wurde, aus Malern be-
stand, die in mehreren Ortswerkstätten ausgebildet
wurden.
Einige Fragmente, die in anderen mittelalterlichen
Verputzschichten vorgefunden wurden, gliederte der
Restaurator in die Fläche so frei ein, dass sie keinen
durch Symetrik auffallenden Ausschnitt bilden dass sie
den Gesamteindruck nicht stören und das Bestreben
um eine kompakte Präsentation der restaurierten
Schicht nicht beeinträchtigen. Einer von diesen
Funden — das Fragment der weisen Jungfrau —
kam während der Flächenabdeckung der restau-
rierten (Schicht unter der sujetmässig identischen
Komposition des Jungfraugeleits an der Westwand
des Altarraumes zum Vorschein. Mit seinen for-
mellen Zeichen gehört es zu den Denkmälern des
Ubergangstils und es kann in den Zeitraum um das
Jahr 1300 eingegliedert werden. Diese Feststellung
korrigiert das bisherige Datieren der Entstehung der

Kirche ins 15. Jahrhundert. Am Ende des 15. Jahrhun-
derts wurde nur das Kirchenschiff erweitert und an
seinen neugebauten Wänden wurde kurz danach die
bisherige Malereiausstattung ergänzt. Ein Rest dieser
spätgotischen Wandmalerei ist die Imitation eines
kleinen seitlichen Flügelaltars in dem Südteil der
Frontwand des Kirchenschiffes.
Die unregelmässige Form des Polygons, das Fragment
dar weisen Jungfrau, der frühgotische Charakter des
Nischenpastoforiums und der Umstand, dass in der
Kirche keine Spuren nach einer Rippenwölbung vor-
gefunden waren, führen im Kontext mit der gesamten
Rustikalität des Objektes zum Schluss, dass die Kir-
che an der Wende des 13. und 14. Jahrhunderts von
Ortsmaurern erbaut wurde, die die konstruktiven
Prinzipien des gotischen Bauwesens noch nicht kann-
ten. Die Apside wölbten sie wahrscheinlich traditionell
mit einer Koncha ein und den weiteren Altarraum
mit einer zylindrischen Wölbung, deren deutliche Spu-
ren an der westlichen Wand in Form eines halbkreis-
förmigen Überhanges (Schwanenhalses) ca um 10 cm
zu sehen sind. Das so überraschend frühe Vorkom-
men des polygonalen Abschlusses in einem unbes-
treitbar rustikalen Milieu und die Tatsache, dass in
unserem Falle diese architektonische Form den kon-
struktiven Sinn entbehrt, erweitert unsere bisherigen
Kenntnisse über die Art der Einbürgerung der Gotik
in unserem Milieu.
 
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