Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 44.2011

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Bałus, Wojciech; Tintoretto [Ill.]: Mac Dvořák betrachtet Tintoretto oder über den Manierismus
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31179#0041

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
hattet In dem handschriftlichen Entwurf eines
Versuchs über Oskar Kokoschka meinte er: „IT7<?
ro A Ar Ar
M/y7A^Ayr<%Aw//r AZ IAn*7/yZ ZA^A^^y //%A
AAr<?r w//rr /fb'b^r o Ar ^A^r W ZA^^-
jAz A??y/Arř^ A^rř/y ZZi'yA^y' ^ArAhygr AfA A Afr ILZA Af r
bb?%<?, ro/yAfr/y yA RAA Afr G<hr/gf _gV?g<?% /H""^
Der Manierismus gewann für Dvořák einen
Sinn und Wert ausschließlich als Kettenglied ei-
nes größeren Geschichtsprozesses. Nur in einem
solchen Rahmen ließ sich der Krisenzustand als
positive Erscheinung deuten, denn er bewirkte eine
Befreiung der Kultur vom Materialismus und legte
die Grundlagen eines neuen Zeitalters. Aus diesem
Grunde sollte man seine Gestalt etwas einengen,
gefährliche Züge der y/y/Ar/w, Kennzeichen einer
bilderstürmerischen Profanierung, von ihr lösen und
der Nihilismusgefahr entgegenwirken, man sollte
sie als den ersten Schritt in Richtung einer neuen,
objektiven Weltanschauung und eines „sicheren",
idealistischen Stils anerkennen. Was auf dem Spiel
stand, war einerseits Geistigkeit als der wahre Wert
der damals entstehenden Kunst, andererseits die
Bannung der Gefahr eines sich verlängernden Kri-
senzustands, der jeden Augenblick zu einer unein-
geschränkten Profanierung sowie zu einem reinen,
freien Spiel und einer gedankenlosen Verarbeitung
alter Vorbilder hätte ausufern können.
VII.
Matthew Rampley suchte die weltanschauliche
Bedingtheit von Dvořáks Ansichten in einer Art
Lebenshaltung, die Fritz Ringer mit dem Namen
der ,,Mt7A<A/yfAAfX<9gyZ'' bezeichnete. In Deutsch-

53 AURENHAMMER 1996 (wie Anm. 4), S. 35; AURENHAM-
MER 2007 (wie Anm. 5), S. 221.
5' Zit. nach AURENHAMMER, H. H.: Max Dvořák über Oskar
Kokoschka — eine handschriftliche Fassung des Vorworts zu
„Variationen über ein Thema" (1920/21). In: OrArKAcrAU
— Gt/AZ PřnpřbáAw. Hrsg. P. WERKNER. Wien 1998, S. 39.
RAMPLEY 2003 (wie Anm. 5), S. 231; RINGER, E: TA
7<%*0- 7HU. Cambridge (Mass.) 1969.
BENESCH 1924 (wie Anm. 4), S. 196; siehe auch BAKOŠ
2004 (wie Anm. 25), S. 64-67.

land und der Habsburger Monarchie entstammten
Intellektuelle einer Gesellschaftsgruppe, die keine
Verbindungen zu Industriellen unterhielt. Daher
setzten sie sich jeglichen „Materialismus"-Sympto-
men entgegen, wandten sich eher apolitischen Hal-
tungen zu und betonten geistige Werte. So nimmt
es nicht wunder, dass „Mandarinen" Gegner der
Modernisierung und Befürworter des Traditionellen
waren/" Auch wenn diese Diagnose in Bezug auf
eigene ideelle Präferenzen des Gelehrten, die sich
in einer Aufwertung der Geistigkeit vom eindeutig
christlichen Charakter äußerten,^ richtig ist, so bleibt
doch seine Auffassung der Kunstgeschichte, sys-
temhaft verstanden, von Grund auf modernistisch.
Es kennzeichnet sie vor allem der Wille zur Schaf-
fung einer großen Erzählung. Dvořák hat zwar die
Rieglsche Vision einer stetigen, ununterbrochenen
Kunstentwicklung schnell verworfen und bekannte
sich eher zu der Ansicht, dass diese Entwicklung
vielerlei Unterbrechungen und Krisenmomente
aufweise, aber — erstens — er glaubte nach wie vor an
die Existenz einer Mn* yyyy<%, die, obwohl in ihren For-
men und Ausdrucksmitteln historisch wandelbar, in
ihrem Wesen unveränderlich blieb,^ und - zweitens
— er zeichnete einzelne Geschichtsetappen in ideelle
Prozesse von allgemeinerer Art und wiederholbare
historische Rhythmen ein. Die Kunst habe seiner
Meinung nach die Weltanschauung verschiedener
Epochen schöpferisch mitgeschaffen, aber sie tat
das im Rahmen einer beschränkten Anzahl von
polarisierten Extremen, indem sie sich zwischen Na-
turalismus, Abstraktion und Idealismus malerischer
Mittel sowie zwischen Materialismus und Spiritua-
lismus menschlicher Weltvisionen bewegte/" ' Daher
initiierte die Antike ein Streben nach Naturalismus
62 BAKOŠ 1992 (wie Anm. 25), S. 57.
63 BENESCH 1924 (wie Anm. 4), S. 194; BAKOŠ, J.: Názory
viedenskej školy na povahu umeleckohistorického procesu
[Ansichten der Wiener Schule über den Charakter des kunst-
historischen Prozesses]. In: BAKOŠ, J.: VyE lAry wVoA/^7
AyA [Vier Wege der kunsthistorischen Methodologie].
Bratislava 2000, S. 28-29 (kürzere englische Fassung: The
Vienna SchooPs View of the Structure of the Art Historical
Proces s. In: IHyA^GZi^ErhrZAArgArArrZAGKrArAiAf-
A. Ar WH UřřfTMÁwV??? iUrgranwAr WrrZ^rrArX?
[1983]. Bd. 1. Wien - Köln - Graz 1984, S. 117-122); siehe
auch BAKOŠ 2004 (wie Anm. 25), S. 63.

39
 
Annotationen