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222

LEUKIPPIDEN

Tafel LVII.

180) S. Florenz, Uffizien (Inv.-Nr. 3600, rothe
Nr.422). Fig.180. Fig.i8oa. Fig.i8ob. L. 2,23. H.0,58.
T. 0,78. Rh. 0,04. Zeichnung von Eichler 1882.

In der Mitte des 16. Jahrh. in Rom, Pal. della Valle, sopra la
loggia; vorher hat er, wie das Ausflussloch in der rechten Schmal-
seite zeigt, als Brunnentrog gedient. Aus der Sammlung Valle 1584
vom Cardinal Ferdinando de' Medici für 50 Ducaten erworben,
Raecolta Capranica a. 1584 [Documenti inediti per servire cillct storia
dei Musei d' Italia IV 1880 p. 379; gotti Le Gallerie e i Musei
di Firenze 1875 /. 366 „un pilo con la presa delle Sabine, longo
pal. 10, intiero.*'1)); vgl. A. Michaelis Jahrb. d. Kaiserl. arch. In-
stituts VI 1891 S.229 Nr.44. Nach Florenz übergeführt im Jahre 1788.

Alte Zeichnungen: ConURGENSiS Fol. 91 Nr. 212. Danach
PlGHlANUS Fol. 272 Nr. 209. — G. B. franco Contraffazioni in
Turin, zwei Zeichnungen. — M. de Voss Fol. 2 r. (Mittelgruppe), Fol. 5
(d. fliehende Mädchen rechts), Fol. 12 r. (1. Seitengruppe). — dal POZZO
Windsor VIII 78. IXa 5. 15. — Tophamianus Eton Bm XII 73—76
(Calderi).

Abbildung: WiNCKELMANN Monumepti anticki inediti 1767
nr, 61 (nur die Vorderseite).

Litteratur: Documenti inediti a.a.O.; Gotti a.a.O.; WiNCKEL-
MANN Versuch einer Allegorie der Kunst 1766 (Werke II S. 509);
Ders. Monumenti inediti p. 74; E. Q. visconti II Museo Pio-Clemen-
tino IV 1788 p. 90; Petit Rädel Les monumens antiques du Musee
Napoleon II 1805 p. 118; zoega in welcker's Zeitschrift für Ge-
schichte und Auslegung der alten Kunst 1818 S. 406; C. A. böttiger
Ideen zur Archaeologie der Malerei 1811 S. 294; Clarac Musee de
scidpture II 1826 p. 527; Beschreibung der Stadt Rom II 2, 1834,
S. 276; Campana Di due sepolcri romani 1840 34; Bursian
Archaeologische Zeitung X 1852 S. 440; Braun Die Ruinen und
Museen Roms 1854 S. 516; DüTSCHKE Antike Bildwerke in Ober-
italien III 1878 S. 36fr. Nr. 74; C. Rigoni Catalogo della R. Galleria
degli Uffizi in Firenze 1891 p. 34 nr. 62; Amelung Führer durch die
Antiken in Florenz 1897 S. 24fr. Nr. 27.

Am oberen Rande der Vorderseite Fig, 180 eine sehr
zerstörte und verwaschene Inschrift, die auf der Abbildung
nach einer Abschrift Eugen Bormann's eingetragen ist.
Nach seinen und Hülsen's Vorschlägen wird man etwa
ATILIAE (oder AELIAE) C- F- ..RSILINAE. [G?]RNELI [*«./]
DIONY[«]VS VXORI [bene merenti] zu lesen haben. Der

') Durch ein starkes Versehen ist oben Band II S. 40 dieses Stück
mit dem Achilleus-Sarkophag II 26 und mit der von Aldrovandi Statue
di Roma 1556 p. 219 erwähnten tauola di marmo mit der historia del
ratto de le Sabine (Michaelis a. a. O. S. 230 Nr. 56) identificirt worden.
Es sind also dort die Worte „Da also die Darstellung der Hauptseite"
bis „per aver figliuoliil zu streichen. Jene tauola aber darf mit grosser
Wahrscheinlichkeit in dem Fragment des Achilleus-Sarkophags in Villa
Carpegna II 31 erkannt werden, das M. de Voss Fol. 2r. auf demselben
Blatt mit der Mittelgruppe des Leukippiden-Sarkophags und einem jetzt
in Villa Medici befindlichen gleichfalls aus Pal. della Valle stammenden
bacchischen Sarkophag (Aldrovandi a. a. O. p. 218, Matz und von Duhn
Antike Bildwerke in Rom II Nr. 2303) gezeichnet hat. Hiernach sind die
geschichtlichen Notizen über II 26 und 31 zu berichtigen und zu ver-
vollständigen.

Sarkophag enthielt also die Leiche einer vor ihrem Gatten
verstorbenen Frau.

An jeder Ecke ein geflügeltes Mädchen im Peplos mit
hochgegürtetem Ueberschlag, das in beiden gesenkten
Händen eine Guirlande trägt und die Füsse im Tanzschritt
bewegt, so dass das nach aussen gewandte Bein entblösst
wird, gewiss keine Victoria, sondern eine Höre.

In der Mitte die beiden Dioscuren, in Pileus und
Chlamys, mit den geraubten Leukippiden; sie halten die
Mädchen wagerecht in den gesenkten Armen und scheinen
auf einander zuzueilen. Die Leukippiden tragen einen
feinen ärmellosen Chiton, der von der abwärts gekehrten
Brustseite herabgeglitten ist, und einen um den Unter-
körper geschlungenen Mantel, dessen Zipfel bei der einen
über dem linken Arm in die Höhe flattert, bei der anderen
herabfällt. Beide heben entsetzt den einen Arm empor,
mit der anderen Hand greift die zur Rechten nach dem
Mantel einer fliehenden Gespielin, während die zur Linken,
deren zerzaustes Haar im Winde flattert, krampfhaft den
oberen Saum ihres Chitons gefasst hat. Zwischen diese
streng symmetrisch componirten Gruppen ist als Mittel-
figur eine fliehende Gespielin der Leukippiden gestellt,
im Peplos mit ungegürtetem Ueberschlag und einem Män-
telchen, das sie mit der Linken über die Schulter empor-
zieht, während die erhobene Rechte eine Geberde des
Entsetzens macht und der Kopf dem einen Dioscuren zu-
gewandt ist.

Als rechte Seitengruppe erscheinen ein Mädchen und
ein bärtiger Krieger, beide nach rechts fliehend, aber
nach links auf die sie umsonst um Hilfe rufende Leukippide
blickend. Der Krieger trägt Helm, Schild und Chlamys,
die geballte Rechte umfasst das Wehrgehäng; das Mädchen
ist mit hochgegürtetem an der rechten Schulter herab-
gleitendem Chiton und einem Mantel bekleidet, den es mit
beiden Händen gefasst hat und mit der Linken über die
Schulter emporzieht, so dass es durchaus als Gegenstück
zu der fliehenden Gespielin in der Mitte erscheint. Dies
sowie seine Jugendlichkeit und seine mädchenhafte Ge-
wandung scheinen die Deutung auf die Mutter der Leu-
kippiden auszuschliessen. Dagegen würde die Deutung des
Kriegers als Leukippos zwar an sich möglich sein, obgleich
Könige auf Sarkophagen gewöhnlich im Theatergewand
und mit dem Scepter dargestellt zu v/erden pflegen; allein
der Vergleich mit dem ihm in jeder Beziehung genau ent-
sprechenden bärtigen Krieger der linken Seitengruppe muss
gegen jede individuelle Benennung dieser Figuren bedenk-
lich machen. Man wird vielmehr in diesen Kriegern Va-
sallen des Leukippos zu erkennen haben, die in einen
scharfen Contrast mit einander gebracht sind, der eine
 
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