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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0138
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292

MELEAGER

sie einen ihrem Charakter durchaus nicht entsprechenden
Ausdruck von Schüchternheit erhält; vielmehr wird sie, wie
auf 230, mit erhobenem Haupte nach rechts geblickt
haben. Neben ihr sitzt mit emporgerecktem Kopf ihr Jagd-
hund. Die rechte Ecke der Platte ist ergänzt; rechts von
Atalante wird sicher wie auf 233—235 Orcus gefolgt sein.

Das zweite von der rechten Ecke stammende Fragment
Fig. 226 a enthält das Ende der Jagdscene. Das Erhaltene,
der Eber, der nach ihm zielende Dioscur im Pileus und
mit zwei weiteren Wurfspeeren in der Linken, der ge-
stürzte Ancaeus und der seine Schenkelwunde mit der
rechten Hand bedeckende Unbekannte, stimmt noch ge-
nauer mit dem entsprechenden Theil von 225 als das erste
Fragment 226. Somit gehört auch dieses Stück zu einer
Replik von 225, und angesichts der gleichen Provenienz
der beiden Stücke und ihrer stilistischen Verwandtschaft
scheint mir an ihrer Zusammengehörigkeit nicht gezweifelt
werden zu können.

Auf der Schmalseite Fig. 226b ist Althaea darge-
stellt, wie sie das verhängnissvolle Scheit ins Feuer wirft.
Sie trägt einen Aermelchiton mit gegürtetem Ueberschlag
und einen den Unterkörper und die linke Schulter be-
deckenden Mantel. Mit der Rechten hält sie das Scheit
über die Flammen des Heerdes, die es bereits erfasst
haben. Den Kopf aber wendet sie ab, als ob sie ihre
eigene That nicht sehen wollte, und der mit gespreizten
Fingern erhobene linke Arm macht eine Geberde des
Entsetzens. Diesen Arm hat eine Furie mit ihrer Linken
bei der Handwurzel festen Griffs gepackt, während sie mit
einer brennenden Fackel, die sie in der Rechten hält, auf
ihre Brust zielt, seit dem vierten Jahrhundert der typische
Ausdruck für das Aufwallen dämonischer Leidenschaft,
s. G. Koerte Ueber die Personifikationen psychologischer
Affecte in der späteren Vasenmalerei S. 86 und vgl. den
Amor auf 160. Die Furie hat kurzes struppiges Haar und
trägt einen Aermelchiton mit Ueberschlag, der von der
rechten Brust herabgeglitten ist. Althaea gegenüber steht
links eine Parze, mit dem linken Fuss hochauftretend,
wahrscheinlich auf ein Rad (s. 277. 278. 281—282 a), und
in den Händen eine geöffnete Rolle, aus der sie den sich
eben erfüllenden Schicksalsspruch abliest; vgl. die Parze
auf den Daedalus-Sarkophagen III 37. 38 und dem Phae-
thon-Sarkophag aus Ostia {Annali dell' Instituto XLI 1869
tav. d'agg. F.). Gekleidet ist sie in einen Chiton mit
Ueberschlag und einen um den Unterkörper geschlungenen
Mantel.

Der hier vorliegende Typus findet sich fast regelmässig
auf der Vorderseite der Sarkophage, die den Tod des
Meleager nach der von Euripides geschaffenen Version
darstellen 274—282 a; einmal mit der Heimtragung seiner
Leiche verbunden auf dem Deckel 300 ; zweimal auch auf

Schmalseiten von Sarkophagen, die auf der Vorderseite
seinen Tod in der Schlacht und die Heimführung seiner
Leiche zeigen 285 a. 287 a. Dass also auch diese Schmal-
seite von einem Sarkophag der letzteren Gattung stammen
könnte, ist unbedingt zuzugeben. Aber von einem solchen
Sarkophag befand sich in Villa Borghese auch nicht das
kleinste Fragment, während die Sarkophagciasse mit der
calydonischen Jagd durch nicht weniger als vier Exem-
plare 225. 226. 228 und 256 = 258 vertreten war. Man
wird nun nicht in Abrede stellen können, dass die Dar-
stellung auch für eine Schmalseite dieser Classe mindestens
ebenso passend ist, wie die Tödtung der Thestiaden.
Gehört aber die in Rede stehende Schmalseite zu einem
der genannten vier Exemplare, was doch weitaus das
Wahrscheinlichste ist, so kann dies nur 226 sein, da sie
nach Stil und Grösse nur zu diesem passt. Auf Grund
dieser Erwägung ist das Stück hier eingeordnet worden.
Allerdings aber muss auch noch die dritte Möglichkeit
offen gehalten werden, dass es die Schmalseite eines
Sarkophags der zweiten Abtheilung war, auf dem, wie
282. 282 a, diese Scene auf der Vorderseite fehlte.
Aus der Antoninenzeit.

227) F. F. Rom. 227. 227c. Pal. Rusticucci, 227a
Vatican Museo Chiaramonti, 227b ebenda Giardino della
Pigna. Fig. 227 L. 0,23. H. 0,34. Rh. 0,04. Fig. 227c
L. 0,14. H. 0,34. Rh. 0,01. Fig. 227a L. 0,30. H. 0,26.
Rh. 0,04. Fig. 227b L 0,22. H. 0,34. Rh. 0,01. Zeich-
nung von Eichi/er 1885.

Litteratur: über 227. 227c Matz und von DuHN Antike
Bildwerke in Rom 1881 II S. 24 Nr. 2240. — über 227a Beschreibung
der Stadt Rom II 2, 1834, S. 58 Nr. 288; massi Descrizione dei Musei
Vaticani, il Museo Chiaramonti, ß.152 nr.zqo — 227b Matz a.a.O.
p. 77 (AA).

Fragmente eines Kinder-Sarkophags, auf dem die han-
delnden Personen als Kinder gebildet sind. An der linken
Ecke des erstens Fragments Fig. 227 vor dem Thorbogen
ein Putto als Oeneus. Mit der rechten Hand macht er
einen Gestus der Verwunderung, mit der linken hält er
seinen auf der linken Schulter aufliegenden und um den
Unterkörper geschlungenen Mantel gefasst. Rechts von ihm
ein Putto als Netzträger. Die Zugehörigkeit des zweiten
Fragments Fig. 227 a ist ohne Weiteres klar, da hier an
der linken oberen Ecke der Kopf und die das vordere
Ende des Netzes haltende linke Hand des ersten Trä-
gers erhalten sind. Rechts von diesem Netzträger steht
Atalante im geschürzten ärmellosen Chiton, auf dem
Rücken den Köcher, in beiden Händen wagerecht die
Lanze haltend, wie auf 226. Neben ihr Meleager, deut-
lich als Pendant zu Oeneus gedacht; wie jener mit der
Linken, so zieht er mit der Rechten seine um Schul-
tern und Unterkörper gelegte Chlamys empor. Zwischen
 
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