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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0139
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TAFEL LXXVII DIE CALYDONISCHE JAGD 226—228

293

Meleager und Atalante wird im Hintergrund der Kopf eines
weiteren Jägers sichtbar.

Diese beiden Fragmente repräsentiren zusammen kaum
die linke Hälfte der Vorderseite. Es muss also rechts,
wie auf 225 und 226, noch die Jagdscene gefolgt sein.
Das Fragment einer solchen befindet sich gleichfalls im
Vatican, in dem an das Museo Chiaramonti anstossenden
Giardino della Pigna Fig. 227b. Erhalten ist die, wie
auf 225, auf einer Erhöhung stehende Atalante, die, mit
ärmellosem Chiton bekleidet, im Begriff ist, einen Pfeil auf
den Eber abzuschiessen, ferner die Lanzenspitze des Me-
leager, das Vordertheii des Ebers und von einem ihn an-
greifenden Hund der Kopf und die Vorderbeine, unter dem
Eber ein anderes Wild, von einem über seinem rechten
Schulterblatt heraustretenden Geschoss durchbohrt, vielleicht
ein Hirsch (vgl. 166. 171), über dem Eber der rückwärts
ausgestreckte rechte Arm, die rechte Flanke und der rechte
Oberschenkel eines nach rechts laufenden, mit der Chla-
mys bekleideten Jägers und links von diesem ein Pinien-
baum. Die Vermuthung, dass dies Fragment von der rech-
ten Hälfte von 227 stammt, liegt so nahe und wird durch
den Vergleich mit 225 so sehr empfohlen, dass ihr bei der
Einordnung und Numerirung Folge gegeben ist. Jedoch
stehen ihr als gewichtige Bedenken die grössere Breite des
oberen Randes und die geringere Relieferhebung entgegen,
so dass das Fragment doch vielleicht eher zu einer Replik
von 227 gehören dürfte.

Von der Darstellung der linken Schmalseite Fig. 227 c
ist nur der mit Chiton und Mantel bekleidete Oberkörper
einer auf einem Felsen sitzenden Frauengestalt erhalten,
die sich mit der Linken auf ihren Sitz stützt, eine der am
Grab ihres Bruders trauernden Meleagriden. Vgl. 230a.
231. 234b und auch 248a. 275. 308b.

Arbeit des zweiten Jahrhunderts.

228) F. F. Villa Bardini (früher Capponi) bei Flo-
renz, an der Gartenmauer, früher Rom, Villa Borghese,
Cantina. Fig. 228. Fig. 228 a. L. der linken Ecke der Vor-
derseite 0,56, der rechten 1,20. H. 0,93. Rh. 0,10. L. der
rechten Ecke der Schmalseite 0,50, H. 0,85; L. der linken
0,28. H. 0,45. Rh. 0,01. Zeichnung von Eichler 1884.

Möglicher Weise einst im Gärtchen des Pal. Borghese, s. zu
225. Um 1890 von Bardini erworben und nach Florenz gebracht.

Litteratur: Corpus Inscriptionum Latinarum VI 32663.

Laut der nach älterer Weise am oberen Rand an-
gebrachten Grabschrift:

AVRELIO-VITAL«-CENTVRIONI-COHORTIS-PRIME-PRETaWa«...............müitaNVX ...

war in diesem Sarkophag der Centurio der ersten prä-
torischen Cohorte Aurelius Vitalis beigesetzt.

Von der Vorderseite sind beide Ecken erhalten Fig. 228.
Der Thorbogen an der linken ist hier besonders reich ge-
staltet; er ruht auf ionischen Pilastern, die an ihrer Aussen-

seite in vertieftem Feld eine Weinranke tragen. Die ein-
facher gestaltete Innenseite zeigt ein dorisches Capitell mit
aufrecht stehenden Blättern. An der Aussenseite des Thor-
bogens links der nach oben gerichtete Kopf eines todten
oder verendenden Ebers, rechts ihm zugewandt der die
Zähne fletschende Kopf eines Jagdhundes; auf dem Theil des
linken Pfeilers, der auf der Schmalseite steht, der ebenso
gestellte Kopf eines Greifen. Unter dem Thorbogen steht
Oeneus, in derselben Tracht wie auf 225 und 226, aber im
Profil. Unter seiner linken Hand und rechts von dem Thor-
bogen sind Reste seines Scepters erhalten, der rechte Arm
ist gesenkt, die Hand abgebrochen. Mit gesträubtem Haar
und mit dem Ausdruck des Entsetzens blickt er nach
rechts auf Orcus, der eben an ihm vorübergeschritten zu
sein scheint und den bärtigen, von kurzem, krausem Haar
bedeckten Kopf zu ihm zurückwendet. Ausserdem sind
von dieser Figur nur der obere Theil von Brust und
Armen, das geschulterte Beil und das von der linken
Schulter über den Rücken laufende Thierfell erhalten.
Dann müssen rechts Meleager und Atalante gefolgt sein,
und zu einer von diesen beiden Figuren wird der rechts
neben dem Beil des Orcus erhaltene Puntello gehören.

Mehr ist von der Jagdscene vorhanden. Von Meleager
sieht man noch das linke Bein, den unteren Saum der
Chlamys und die eben in den Kopf des Ebers eindringende
Spitze seines Speeres. Dicht neben dieser die linke Hand
der Atalante mit der unteren Hälfte des Bogens und
hinter dem erhobenen rechten Vorderbein des Ebers ihren
hochauftretenden beschuhten linken Fuss. Der Eber, der
aus einer Höhle mit ungewöhnlich hohem Eingang her-
vorkommt, wird von einem Hund angegriffen, der nach
seinem Unterkiefer schnappt und den er mit seinem rechten
Vorderhuf zu Boden zu drücken sucht; vgl. die Hippo-
lytus-Sarkophage 165—167. Der den Eber von hinten
angreifende Dioscur wie auf 225 und 226; jedoch hebt
er hier mit der Rechten einen Stein zum Wurf empor und
hält in der Linken zwei Jagdspeere. Das Auge ist weit
aufgerissen; auf dem wallenden Haar sitzt der Pileus, vgl.
226 a. Auch der in einem Jagdstiefel steckende linke
Fuss ist hier erhalten. Ueber seiner rechten Schulter wird
ein auf der Höhle wachsendes Feigenbäumchen sichtbar.
Links vor ihm sitzt auf dem oberen Rand der Höhle ein
in kleineren Dimensionen gebildeter, bärtiger Berggott,
der mit einer Geberde des Entsetzens die linke Hand an
den Hinterkopf legt und in der gesenkten rechten einen
Pinienzweig trug, dessen oberes Ende neben seiner rech-
ten Schulter erhalten ist; vgl. die Adonis-Sarkophage 15
und 21 sowie die Hippolytus-Sarkophage 167 und 170.
Der gestürzte Ancaeus erscheint hier fast in liegender
Stellung; die rechte Hand legt er auf das gebogene
rechte Knie, mit der linken stützt er sich auf einen
kurzen Jagdspeer. Das schmerzverzogene Gesicht ist
 
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