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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

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Die breisgauische Freiherrenfamilie von Kaltenbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0144
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versammeln und ihnen von seinem Jagdimbiß brüderlich mitzutheilen (I.
Es ist auch mit vielem Rnhme ausgezeichnet worden, daß Herr Wern-
herr die Vogtei einiger Kirchen, welche von seinen Vätern auf ihn
geerbt, mit väterlicher Sorgfalt verwaltet und niemals der Simonie EH
preisgegeben, sondern die Pfarrkinder stets den tauglichsten Priestern
anvertraut habe; daß er die Geistlichen nach ihrer Würde geschätzt,
öfters die Aeltern und Lehrer junger Priester zu Tische geladen, und
namentlich die Mönche von Sankt Blasien wie seine Hausfreunde be-
trachtet habe.
- Es war damals im Reiche eine schlimme Zeit. Alles parteite sich
für oder wider Pabst und Kaiser. Gregor der Siebente war ein
Held der Kirche, Heinrich der Vierte ein Feind derselben und zugleich
ein Feind der damaligen Reichsfreiheit; dadurch gewann Jener die
bedeutendsten Reichsfürstcn für sein Interesse, wie die Welfen, die
Zäringer. Der Bruder des Herzogs von Zäringen, Bischof Geb-
hard von Konstanz, gehörte zu den entschiedensten und einflußreichsten

(7) Das Arm en Wesen jener Zeit bietet einen höchst traurigen Anblick dar.
Es gab sehr viele Arme, und es mußte bei den damaligen Verhältnissen
viele geben. Die Untheilbarkeit der Bauerngüter nöthigte die nach-
geborenen Kinder, ihr Brod im Dienste zu suchen, dieser wurde aber nicht
immer gesunden, und kam alsdann noch anderes Unglück dazu, so war das
Elend schrecklich. Freie Leute, welche durch Kriegs- und andere große
Unfälle nm Hab und Gut gekommen, wer nahm sie auf, wo fanden sie Hilfe?
Manche Wittwe mußte sich aus Hunger dazu entschließen, ihre und ihrer
Kleinen persönliche Freiheit an einen Herrn zn verkaufen! Auf diese
Weise nahm die Leibeigenschaft so sehr überhand. Und der Leibeigene,
wenn er mit seinem Dränger zerfiel, ihm entlief und heimathlos umher irrte,
welches Loos fand er da! Die Armuth, die Heimathlosigkeit
waren die größte Schande, und hätte die Lehre des Evangeliums diese strengen,
ja harten Begriffe der deutschen Grundbesitzer nicht gemildert, so wäre das
Schicksal der deutschen Armen verzweifiungsvoller gewesen, als das der
Heloten im alten Griechenland. In diesem Sinne muß man es verstehen,
wenn der Chronist von Wern Herr erzählt: „So er -die gewöhnlich Zeit
in dem Wald gejagt, seynd ihm die armen Leut nachgezogen,
mit denen er Freud' gehabt und ihnen zn essen geben."
(8) Man sieht hieraus, wie schon damals der Handel mit den Kirchenämtern ge-
trieben wurde. Gewöhnlich wer dem Patron am meisten bezahlte, bekam die
Stelle, und wenn er der untauglichste Mensch war. Hatte eine wohlhabende
Familie einen halb blödsinnigen Sohn, welchem man nichts anvertranen
konnte, so mußte er geistlich werden, und sie verschaffte ihm hernach eine
Pfarre oder Kaplanei. Selbst hochadelige Häuser versorgten ihre nachgcborenen
Söhne auf diese Weise, wenn dieselben nicht in die Klöster wollten.
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