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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

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Die kirchliche Glaubensänderung zu Ladenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0218
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203

Silvan, am dreizehnten Dezember fünfzehnhundert zweiundsiebzig, auf
dem Markte zu Heidelberg mit dem Schwerte öffentlich hingerichtet
Vier Jahre nach diesen traurigen Ereignissen verstarb Kurfürst
Friedrich, welchem die Zeitgenossen den Namen des Gottesfürch-
tigen beigelegt hatten, und hinterließ seinem einzigen Sohne Ludwig
die pfälzische Regierung. Dieser Prinz war aber am Hofe Kurfürst
Otto Heinrichs ausgebildet worden, und hatte daselbst die lutheri-
schen Lehrgrundsätze so völlig eingesogen, daß er als eifrigster Ver-
fechter derselben erschien, und sofort auch den Gottesdienst nach dem
Laute der angsburgischen Konfession im ganzen Kursürstenthum wieder
herstellte, wie solcher vor dem Einflüsse Olevian's bestanden. Wer
nun unter den Kirchen- und Schuldienern, wie unter den Rathen und
Hofbedienten dem heidelbergischen Katechismus nicht entsagen wollte,
wurde schonungslos abgedankt und konnte betteln gehen; dem Volke
aber wurde von der Kanzel herab befohlen, nicht mehr kalvinisch,
sondern lutherisch zu glauben.
Vergeblich jedoch war es, die Anhänger der reformirten Kirche
ausrotten zu wollen. Je übermüthiger sich die Lutheraner für ihre
früher erlittene Unterdrückung an ihnen rächten, desto hartnäckiger und
gehässiger wurden sie. Und als nun jene in die lächerliche Spaltung
der Ubiqnitisten und Nichtnbiquitisten zerfielen, als sich der Streit
über das Konkordienbuch erhob, und neue Vertilgungsbefehle auch
gegen den Rest des Katholizismus ergingen, entstund eine Verwirrung
und Ketzerjägerei, welche niemals ihres gleichen gehabt.
Zum Glück dauerte dieser Zustand nicht gar lange, indem durch
den frühen Tod Kurfürst Ludwigs und die Minderjährigkeit seines
Sohnes die vormundschaftliche Verwaltung des Kurfürstenthums in
die Hände des klugen und entschiedenen Pfalzgrafen Johann Kasimir
gedieh, welcher den Parteiintriken ein schnelles End verschaffte. Alles
wurde wieder auf den vorigen Fuß gesetzt, und die reformirte Lehre
jetzt auf's Strengste behauptet und überwacht.
Wer konnte es den armen Unterthemen verargen, wenn sie bei
diesem fortwährenden Glaubenswechsel an der Kirchenverbesserung irre
wurden? Wenn die Einen klagten, daß sie nicht mehr wüßten, was

(22) Nach Wundt's trefflichem „Versuch einer Geschichte des Arianismus im
Kursürstenthum Pfalz" im Magazin für Pfalz. Kirchen- und Gelehrten-
gesch. I, 88.
 
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