DOI issue:
Sankt Georgen aus dem Schwarzwalde
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0241
226
sie wetteiferten in zwei Dingen auf das Rühmlichste mit einander —
in ihren Schulen, wie in ihren Gelehrten und Künstlern.
Wenn die mönchische Orthodoxie den ächt philosophischen For-
schungen nicht hold war und sie meistens vereitelte, so wurden dagegen
die Diplomatik, Botanik, Mathematik und Mechanik in den
Klöstern mit vorzüglichem Fleiße und Erfolge gepflegt; und wo anders
etwa erzog man gründlichere Musiker? Die Malerei und Bau-
kunst aber beförderten sie dadurch höchst verdienstlich, daß sie niemals
bauten und ausschmückten, wie unsere Krämer und Fabrikanten, son-
dern meistens auf sehr stattliche, geschmackvolle, solide, liberale — man
darf sagen wahrhaft fürstliche Weise. Wie lächerlich erscheinen zum
Theil unsere modern-byzantinischen Machwerke gegen jene aus einem
Grundgedanken hervorgegangenen, dem Geiste ihres Zweckes und
ihrem Gebrauche entsprechenden Klostergebäude!
Dieses Lob ihrer Verdienste, glaube ich, sey die Geschichtschreibung
— wenigstens den Benediktinerklöstern schuldig. Und sodann for-
dert die Pflicht der Gerechtigkeit von ihr, daß sie es unverholen ge-
stehe, wie wenig Staatsweisheit, Humanität und Rechtsgefühl sich in
der Art der Klosteraufhebung kundgab. Der Eifer, das schöne Ver-
mögen so reicher Korporationen einzuziehen, machte nur zu oft taube
Ohren gegen die Forderung — ich will nicht sagen der Billigkeit,
sondern gegen diejenige des strengen Rechtsbegriffes. Dieses aber rächte
sich alsdann aus eine höchst bedauerliche Weise; denn wer weißt es
etwa nicht, wie Vieles von dem öffentlichen Klostergut in Privathände
gewandert, wie vieles Andere unverantwortlich verschleudert worden
und zu Grunde gegangen? Noch überall im Volke herrscht über die
Aufhebung der reichen Stifte der Ausdruck: „Da hat man abscheu-
lich gehaust," und wer in die Schriften -einen Blick wirft, welche
während der Aufhebungszeit zwischen Klöstern, Behörden und Kommis-
sarien gewechselt wurden, der kann sich eines wechselnden Gefühls von
Bedauern, von Wehmuth und Entrüstung nicht erwehren.
--— -
sie wetteiferten in zwei Dingen auf das Rühmlichste mit einander —
in ihren Schulen, wie in ihren Gelehrten und Künstlern.
Wenn die mönchische Orthodoxie den ächt philosophischen For-
schungen nicht hold war und sie meistens vereitelte, so wurden dagegen
die Diplomatik, Botanik, Mathematik und Mechanik in den
Klöstern mit vorzüglichem Fleiße und Erfolge gepflegt; und wo anders
etwa erzog man gründlichere Musiker? Die Malerei und Bau-
kunst aber beförderten sie dadurch höchst verdienstlich, daß sie niemals
bauten und ausschmückten, wie unsere Krämer und Fabrikanten, son-
dern meistens auf sehr stattliche, geschmackvolle, solide, liberale — man
darf sagen wahrhaft fürstliche Weise. Wie lächerlich erscheinen zum
Theil unsere modern-byzantinischen Machwerke gegen jene aus einem
Grundgedanken hervorgegangenen, dem Geiste ihres Zweckes und
ihrem Gebrauche entsprechenden Klostergebäude!
Dieses Lob ihrer Verdienste, glaube ich, sey die Geschichtschreibung
— wenigstens den Benediktinerklöstern schuldig. Und sodann for-
dert die Pflicht der Gerechtigkeit von ihr, daß sie es unverholen ge-
stehe, wie wenig Staatsweisheit, Humanität und Rechtsgefühl sich in
der Art der Klosteraufhebung kundgab. Der Eifer, das schöne Ver-
mögen so reicher Korporationen einzuziehen, machte nur zu oft taube
Ohren gegen die Forderung — ich will nicht sagen der Billigkeit,
sondern gegen diejenige des strengen Rechtsbegriffes. Dieses aber rächte
sich alsdann aus eine höchst bedauerliche Weise; denn wer weißt es
etwa nicht, wie Vieles von dem öffentlichen Klostergut in Privathände
gewandert, wie vieles Andere unverantwortlich verschleudert worden
und zu Grunde gegangen? Noch überall im Volke herrscht über die
Aufhebung der reichen Stifte der Ausdruck: „Da hat man abscheu-
lich gehaust," und wer in die Schriften -einen Blick wirft, welche
während der Aufhebungszeit zwischen Klöstern, Behörden und Kommis-
sarien gewechselt wurden, der kann sich eines wechselnden Gefühls von
Bedauern, von Wehmuth und Entrüstung nicht erwehren.
--— -